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Wendlinger E-Bürgerbus: Der Hersteller hat beim Gesamtgewicht geschummelt

Verkehr Der Wendlinger Bürgerbus sollte auf E-Antrieb umgestellt werden – aber die Prospektangaben des in Frage kommenden Herstellers sind falsch.

Wendlingen. Es hätte so schön sein können: Weitsichtig beschloss der Wendlinger Gemeinderat im Jahr 2020, seinen Bürgerbus-Fuhrpark vom Verbrennungsmotor auf E-Mobilität umzustellen. Nach langwieriger Suche wurde ein niederfluriges Fahrzeug – also eines mit besonders tief liegendem Boden – ausgeguckt, hergestellt von der österreichischen Firma K-Bus. Das Fahrzeug bestand seinen zweiwöchigen Praxistest in Wendlingen 2022 zunächst mit Bravour.

TÜV bestätigt den Verdacht

Doch dann ergaben sich beim Nachwiegen Unstimmigkeiten bezüglich der von K-Bus angegebenen zulässigen Höchstgewichte, und zwar sowohl beim Gesamtgewicht als auch beim Achsgewicht und der Bereifung hinten. Gleiches widerfuhr im Frühjahr der Stadt Walsrode in Niedersachsen, ein TÜV-Gutachten bestätigte den Verdacht. Das bedeutet, dass höchstens sieben Fahrgäste befördert werden dürfen und nicht acht, wie immer noch auf der Homepage von K-Bus behauptet wird. Dort steht sogar „8 + 1“. Der Bürgerbusverein aus Walsrode kam beim Nachwiegen laut dem Vorsitzenden Peter Jahnke sogar auf nur fünf Passagiere, die erlaubt wären. Wenn ein Bürgerbus aber nicht mindestens acht Sitzplätze hat, gibt es keine Förderung.

K-Bus wies nach Angaben der Stadtverwaltung alle Schuld von sich, erklärte sich aber bereit, das Fahrzeug neu zu konzipieren – allerdings erst, wenn eine konkrete Bestellung vorliegt. Für eine Neukonzeption würde aber mindes­tens ein Jahr ins Land gehen.

Auch bei der Förderung gab es Probleme: Nachdem das Land den Höchstbetrag pro Elektro-Bürgerbus im Jahr 2021 auf das Jahr 2022 von 60 000 Euro auf 18 000 Euro heruntergefahren hatte, stellte Wendlingen die Beschaffung eines E-Fahrzeugs zurück und kaufte 2021 zähneknirschend zusätzlich einen gebrauchten Verbrenner. Mittlerweile hat das Land die Förderung wieder auf maximal 66 000 Euro erhöht. Die Stadt stellte fristgerecht einen Antrag, bewilligt wurden aber nur 43 000 Euro. Begründet wurde dies laut dem Rathaus unter anderem damit, dass Wendlingen noch weitere öffentliche Gelder abschöpfe, etwa für neue Feuerwehrfahrzeuge, und die Sache im Gesamten zu sehen sei. Der prompt eingelegte Widerspruch der Stadt wurde postwendend abgelehnt. Zwar könnten die Wendlinger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage einreichen, aber mit ungewissem Ausgang und weiteren erheblichen Verzögerungen.

Die Zeit drängt

Nun drängt aber die Zeit. Der Wendlinger Stammbus hat schon zehn Jahre auf dem Buckel und ist entsprechend anfällig. Das gebrauchte Zweitfahrzeug hat ebenfalls seine Macken. Zeitweise musste deswegen in diesem Sommer sogar der Fahrbetrieb komplett eingestellt werden.

Da es derzeit keine anderen E-Busse gibt, die den Normen entsprechen, hat der Wendlinger Gemeinderat aus der Not heraus einstimmig beschlossen, doch einen neuen Verbrenner anzuschaffen. „Ein Bürgerbus ist nur so gut wie er fährt“, so fasste es die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Vass-Hochradl pragmatisch zusammen. Immerhin: Neben einer erheblich kürzeren Lieferzeit gibt es einen Festzuschuss vom Land von 40 000 Euro, gerechnet wird mit Beschaffungskosten von rund 90 000 Euro.

Übrigens: Auch in Walsrode wird es erst einmal nichts mit dem Umstieg auf E-Mobilität. „Wir haben die Idee auf nächstes Jahr vertagt“, sagt der Vereinsvorsitzende Jahnke. Der dortige Bürgerbusverein befindet sich mit vier eigenen Fahrzeugen allerdings in einer deutlich komfortableren Situation als die Wendlinger. Kerstin Dannath