Meist nur aus amerikanischen Filmen bekannt, sehen viele Autofahrer im Pickup ein Nischenfahrzeug. Dennoch gibt es sie, die Menschen wie Martin Neß und Edgar Lange, die von ihrem Offroad-Fahrzeug rundweg überzeugt sind. Auch bei den beiden vom Ammersee kommenden Handwerkern sind die Gründe vielfältig und nachvollziehbar.
Etwa dreißig Liebhaber und Besitzer, kamen zum nunmehr achten Pickup-Treffen, das Michael Nagel wieder in seinen Heimatort Bad Boll holte, nachdem es die Jahre zuvor in Bad Ditzenbach und Wiesensteig stattfand. „Die Wiese stellte uns Landwirt Wolfgang Müller zur Verfügung“, erzählt der Bad Boller, der unter anderem mit Simon Betsch aus Uhingen zu den Ausrichtern zählt.
Unterschiedliche Modelle, überwiegend waren es VW-Amaroks, die im Halbkreis zur Schau standen. Bei dem einen oder anderen durfte man auch einen Blick ins Innenleben riskieren. „Wir waren vor kurzem etwa drei Wochen am Nordkap, sind über 8860 Kilometer gefahren“, berichten Simon Lange und seine Lebensgefährtin Malin Hermann aus Rottenburg am Neckar. Mit dabei war Hovawart-Rüde Bilbo, für den es trotz des effektiven Schrank- und Regalsystems, trotz Bett, Küche, Wassertank und Toilette noch genügend Platz gibt. Seit 2018 fährt das Pärchen einen Pickup und der Verfahrenstechniker, der eine Werkstatt leitet, ist froh um das Auto, dass sowohl im Alltag, als auch auf Reisen funktioniert.
Michael Böllinger aus Oedheim ist offensichtlich ein Mann des schnellen Entschlusses. „Na g‘fahra, gefällt mir, nemme mit“, beschreibt er den Kauf seines Amaroks, nachdem er mit seinem vorherigen Audi A6 Offroad überhaupt nicht zufrieden war. „Wir haben unseren Pickup regelmäßig mit Gras und Heckenschnitt aus dem Garten vollgeladen“. Eingehüllt in ein Bundeswehr-Tarnnetz, wird das Auto inklusive dem angedockten Schlafzelt zum Hingucker. „Wir sind mit Vorliebe Festivalgänger, und mit dieser Kombi passen auch noch unsere Motorräder rein“, verraten er und seine Partnerin Nina Kundt. Doch diesmal haben sie sich gegen das zeitgleich im Hunsrück stattfindende Techno-Festival „Nature One“ und für das Bad Boller Pickup-Treffen entschieden.
Pickups sind Platzwunder
Irgendwie scheinen die Pickups wahre Platzwunder zu sein, doch „man kriegt‘s immer wieder voll“, sagt Alex aus Tübingen, der mit seiner Frau und den beiden Kindern nächstes Jahr nach Tunesien fahren will. „Fahrräder und anderes Gedöns, man schmeißt`s drauf und es kann losgehen“, zeigt sich der Landmaschinen-Mechatroniker begeistert über seinen Pickup, den er seit Jahren fährt.
Genauso sieht es Stephan aus Kirchheim. „Man hat als Familie mit Kindern viel mehr Platz und sitzt höher“, erzählt er und trauert von daher seinem vorherigen Golf Variant keineswegs nach.
Eigens aus Cloppenburg angereist sind die drei „Küken“ unter den Pickup-Besitzern: der 25-jährige Bachelor-Landwirt Fabian mit Freundin Ailina, 23 Jahre jung und ihr Kumpel Elektriker Rene, der mit 22 Jahren der Jüngste ist. „Wir haben für unsere Pickups hart gearbeitet“, verraten die jungen Männer und finden: „Das Auto ist praktisch und sieht optisch gut aus.“
Obwohl wettertechnisch ein paar abgesagt haben, ist Organisator Michael Nagel mit dem Ablauf zufrieden. Dank einiger Sponsoren konnte wieder eine Verlosung stattfinden, wo jeder etwas Nützliches fürs Auto geschenkt bekam. „Wichtig ist uns der Austausch und das lockere Miteinander, wo jeder davon profitieren kann“, so der Bad Boller, der mit weiteren Nachteulen bis in die Morgenstunden um 3.30 Uhr getagt hatte. Begeistert zeigten sich alle von der robusten Qualität und der Motorleistung der Offroad-Fahrzeuge. „Ein Landes-Sicherheitsbeauftragter fährt mit seinem Pickup zwei- bis dreimal täglich zur Kontrolle die Autobahn-Baustellen in Süddeutschland ab, so kommen alle drei Jahre 800 000 Kilometer zusammen“, verrät Michael Nagel und ergänzt: „Sein Auto ist alle sechs Wochen im Service, mittlerweile hat er bereits den vierten.“ Auch das ist Pickup-Leidenschaft.
Zur Geschichte des Nischenfahrzeugs
Pickup: Vormals mit Bindestrich (pick-up steht für mitnehmen) ist ein Pkw, Lkw oder Geländewagen mit offener Ladefläche und unterscheidet sich vom Pritschenwagen durch die nicht-ebene Ladefläche mit Radkästen-Ausschnitten.
Anfänge: Man vermutet, dass die US-amrikansiche Firma Galion Allsteel Body Company 1913 den ersten Pick-up überhaupt baute. Basis dieses Pickups war das Chassis eines Ford T, ein Zweisitzer, der eine kleine Pritsche hinten hatte.
Nachfolger: 1924 entdeckte Dodge die Marktlücke, 1925 folgte Ford mit dem „Model T Runabout with Pickup Body“. Chevrolet sprang 1931 auf den Zug auf und machte den Pick-up endgültig zu einer wichtigen Marktgröße.
Volkswagen: Die erste VW-Generation ab 1978 war der Caddy, im Folgejahr kam T3 Pick-up, jeweils bis 1992, Taro Pick-up (1989-97), Caddy Pickup 2. Generation (1996-2000) dann wieder ab September 2016 und seit 2010 VW Amarok. ack