Ich hatte die Wahl: entweder Führerschein oder Klassenfahrt nach Berlin. Beide Wünsche ihrer Tochter konnten meine Eltern damals nicht finanzieren. Also Führerschein. Mein damaliger Freund brachte mir auf Feldwegen rund um Reichenbach das Fahren bei. Auf dem Verkehrsübungsplatz in Lindorf lernte ich einparken, mit der Handbremse am Berg anfahren und wenden. Mein Fahrlehrer Siegfried Stahl in Ebersbach war hin und weg von der 17-Jährigen, die schon in der ersten Fahrstunde recht elegant unterwegs war. Ich brauchte nur zehn Fahrstunden, dann hatte ich die Pappe in der Tasche. Damals gab es noch keine Pflichtstunden wie Nacht- oder Autobahnfahrten. Die Prüfung wäre trotzdem beinahe in die Hosen gegangen. In Göppingen gab es just am Prüfungstag eine geänderte Verkehrsführung, die wir natürlich nicht geübt hatten. Prompt bin ich falsch abgebogen, aber der Prüfer war großzügig, zumal alles andere perfekt geklappt hat. Am nächsten Tag war mein 18. Geburtstag. Mein Fahrlehrer wohnte bei mir um die Ecke. Meine Mutter war ängstlich, erlaubte mir aber, ihr Auto aus der engen Tiefgarage rauszufahren, den „Pappendeckel“ abzuholen und mit ihr zusammen gleich mal eine Spritztour zu machen. Mein Fahrlehrer war übrigens ein professioneller Rallye-Rennfahrer, aber der „flotte Sigi“ hat mir nicht das Rasen, sondern eine umsichtige, möglichst sichere und rücksichtsvolle Fahrweise beigebracht. Ich hatte in 45 Jahren keinen einzigen Punkt in Flensburg und die kleinen Strafzettel, die ich kassiert habe, sind kaum der Rede wert. Allerdings: ich habe meinen alten Führerschein nicht mehr. Das schicke Modell in grau wurde mir 1999 im Ausland mitsamt Tasche und Schlüssel geklaut. Andrea Barner
Wenn der Fahrlehrer Rallye-Pilot ist