Ihr Gesicht kennen wohl die meisten Fernsehzuschauerinnen und Zuschauer, denn im öffentlich-rechtlichen TV ist sie für das Wetter zuständig. Die 52-jährige gelernte Bankkauffrau ist auf Einladung der VR Bank Hohenneuffen-Teck als Gastrednerin nach Weilheim gekommen. Vielleicht ist die Limburghalle an diesem Donnerstagabend auch deswegen bis auf den letzten Platz besetzt, um zu schauen, wie Claudia Kleinert „in echt“ aussieht. „Ich bin keine 1,95 Meter groß“, stellt sie sich lächelnd vor, denn diesen Satz hat sie am Bahnhof oder auf der Straße schon häufig gehört: „Sie sind ja gar nicht so groß.“ Auch liest sie ihre Texte nicht vom Teleprompter ab, wie man denken könnte. Denn diese müsste sie ständig anpassen, weil sich das Zeitfenster für die Wettervorhersage je nach Sendung ändern kann, ebenso wie die Wetterlage. Die freie Rede beherrscht sie, wie sie den rund 1000 Besucherinnen eine Stunde lang unter Beweis stellt.
Natürlich geht es auch um das Wetter, etwa dass auch die Profis auch trotz modernster Messmethoden immer noch auf Schätzungen angewiesen sind. „Wenn ein Tiefdruckgebiet über Portugal hochzieht, können wir nicht genau sagen, wo es in Deutschland regnen wird. Denn nur wenige Grad Abweichung reichen, dass es weiträumig vorbeizieht – oder eben nicht“, erklärt sie. Das Wetter sei immer eine Momentaufnahme, Prognosen über einen Zeitraum von mehr als drei Tagen, etwa jetzt einen „Eiswinter“ vorauszusagen, seien absoluter Quatsch, erklärt sie.
was ich anhatte, nicht, was ich gesagt habe.
Doch das Wetter ist nur ein Teil ihres einstündigen Vortrags, ihre Herzensangelegenheit ist die Veränderung des Klimas und die Folgen, den „Tanz auf dem Vulkan“, wie sie ihren Vortrag genannt hat. Bei der Betrachtung des Klimas geht der Blick zurück, auf mindestens drei Jahrzehnte, um Entwicklungen zu dokumentieren und zu verstehen.
„Schön“ sage man als Wettermoderatorin schon lange nicht mehr, wenn es um Sonne gehe, sagt sie. Mit „Save the Children“ wäre sie an diesem Abend eigentlich am Horn von Afrika. „Dort erleben sie die schlimmste Hungerkatastrophe seit Jahren“, sagt sie. In Nordafrika seien es noch 35 Grad im Oktober. „Das setzt sich dann über die Luftmassen fort bis zu uns.“
Die zunehmende Hitze führe auch zu einer Trockenheit in den gemäßigten Zonen. Aber auch zum Gegenteil: Starkregenereignisse mit 300 Liter pro Quadratmetern wie im Ahrtal könnten häufiger auftreten. „Vielleicht sogar jährlich und dort hat man schon wieder die Häuser aufgebaut“, sagt sie. Alles sei eine Folge steigender Temperaturen: Je wärmer die Luft, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen, etwa vom Mittelmeer, und dann über Europa abladen. Viele Grafiken hat sie mitgebracht, von der jede auf eine andere Weise bedrückend ist.
Europa hat sich in den vergangenen 30 Jahren jedes Jahr im Schnitt um 0,5 Grad erwärmt. Dabei treten auch andere Probleme zutage: „Am Waldsterben ist nicht nur der Klimawandel schuld, das liegt auch an den Monokulturen.“ Aber die Waldbrandgefahr steigt eben auch: In Brandenburg wurde die Warnstufe früher im Mai ausgerufen, jetzt im März. Und die Sommer werden immer heißer: „Wir müssen uns dauerhaft auf Temperaturen von 30 Grad und mehr einstellen“, sagt sie. Eine Stadt wie Frankfurt verzeichnete heute 44 heiße Tage im Jahr. Im Mittel zwischen 1981 und 2010 waren es 13. Der Tanz auf dem Vulkan ist vor allem ein heißer Tanz.
All diese Zahlen – und davon gab es reichlich – sind nicht zum Mutmachen ausgelegt. Denn die Folgen sind nicht nur gesundheitlicher, sondern auch sozialer Natur. Das Thema Migration wird eine größere Rolle spielen. „Für eine Erwärmung von zwei Grad sind wir zu viele Menschen.“
Es war kein Gute-Laune-Vortrag, aber am Ende stellt sie klar: dass etwas getan werden kann: Begrünung von Städten gegen die Hitze, Forschungen, um CO2 aus der Atmosphäre zu holen, Wasserstoffantriebe – der Mensch arbeitet an Lösungen. Auch im Kleinen: Ob man weniger Fleisch esse, mehr Bahn fahre, Inlandsflüge vermeide oder alles zusammen: „Jedes bisschen zählt.“ Elektroautos sind für sie nicht die Lösung aller Probleme und Aktivisten wie „Kilmaklebern“ erteilt sie eine Absage: „Davon halte ich gar nichts, das dient der Sache nicht“, sagt sie. „Wer Lösungen finden will, muss den Dialog suchen, das tun sie mit diesen Aktionen nicht, so etwas tut mir weh. Es gibt aber genug Aktivisten, die ohne diese Aktionen auskommen.“
Am Ende hätte der Abend für alle Beteiligten gerne länger gehen können, das merkte man an den zahlreichen Fragen aus dem Publikum. Claudia Kleinert nahm es mit Humor: „Ich könnte noch zwei Stunden reden. Das ist immer die Gefahr, wenn sie Menschen Redezeit geben, die sonst im Fernsehen nur drei Minuten haben.“