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Wenn ein Mensch sich das Leben nimmt

Aktionstag Der Arbeitskreis Leben stellt seinen Flyer für Hinterbliebene nach Suizid vor.

Kirchheim. Jedes Jahr nehmen sich in Deutschland etwa 10 000 Menschen das Leben. Damit sterben jährlich mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Gewaltverbrechen und illegale Drogen zusammen. Im Landkreis Esslingen lag die Zahl der Selbsttötungen im vergangenen Jahr bei 44, wobei hier ein Anstieg bei den weiblichen Suizidtoten um mehr als das doppelte zu verzeichnen war. Die Zahl derer, die einen Suizidversuch unternehmen beziehungsweise Selbstmordgedanken haben, ist um ein vielfaches höher.

Die Selbsttötung eines Menschen hat weitreichende Folgen für Angehörige, Freunde und Bekannte. Aus diesem Grund veröffentlicht der Arbeitskreis Leben Nürtingen-Kirchheim (AKL) anlässlich des morgigen Welttages der Suizidprävention einen neuen Info-Flyer, der sich speziell an Hinterbliebene richtet, die einen Verlust durch Suizid erlitten haben. „Menschen, die einen Angehörigen durch Suizid verloren haben, erleben in vielen Fällen eine erschwerte Art der Trauer“, erläutert AKL-Geschäftsführerin Dr. Sina Müller die Beweggründe für die Info-Schrift. „Gefühle der Verzweiflung, Scham und Selbstvorwürfe, etwas nicht gesehen oder bemerkt zu haben, belasten die Hinterbliebenen zusätzlich zu ihrer Trauer“, berichtet Müller aus ihrem Beratungsalltag weiter.

Trauernde sind selbst gefährdet

Wie wichtig der AKL für Angehörige nach einem Suizid ist, weiß auch Dipl. Pädagogin Gabriele Alberth, die im AKL als Beraterin tätig ist: „Selbsttötung erfährt nach wie vor eine hohe Tabuisierung in unserer Gesellschaft und die Trauernden fühlen sich oft ausgegrenzt. In dieser Situation können sie selbst suizidgefährdet sein.“

Der AKL unterstützt Menschen, die mit dem Suizid einer nahestehenden Person konfrontiert sind oder waren, die nächsten Angehörigen, aber auch Nachbarn, Freunde, Kollegen, Lehrer oder Mitschüler

Damit möglichst viele von den Hilfsangeboten des AKL erfahren und diese in Anspruch nehmen können, ist der AKL bei der Verbreitung auf die Unterstützung anderer Einrichtungen angewiesen. Der Flyer wird beispielsweise in den Polizeidienststellen der Region zur Verfügung gestellt. Zusätzlich erhalten auch Kliniken, Bestattungsunternehmen und Friedhofshallen das neue Info-Blatt. „Wir wollen sicherstellen, dass Angehörige von unserem Angebot wissen“, unterstreicht Sina Müller. Die besondere Schwere des Verlusts und die damit verbundene Belastung könne oft auch mit zeitlichem Abstand oder erst nach Jahren einsetzen. Auch dann könne man sich an den AKL wenden.

Einen aktiven Beitrag zur Suizidprävention leistet der AKL durch sein Jugendprojekt „Verrückt? Na und! Seelisch fit in Schule und Ausbildung“. „Suizide kommen in allen Altersgruppen und Bevölkerungsschichten vor. Junge Menschen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt. Bei jungen Männern ist Suizid sogar die zweithäufigste Todesursache nach dem Unfalltod“, erläutert Projektleiterin Gabriele Alberth. Ziel der AKL-Präventionsarbeit ist dabei, das Bewusstsein für eine frühzeitige und aktive Auseinandersetzung mit seelischer Gesundheit und Krankheit zu schaffen. pm