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Wenn es finanzierbar ist, steht der Klimaschutz über allem

Landespolitik Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Kirchheims Abgeordneter Andreas Schwarz, nimmt Stellung zum aktuellen Koalitionsvertrag. Von Andreas Volz

Wie stellt sich Baden-Württemberg für die Zukunft auf? Einer, der diese Frage mit am besten beantworten kann, ist Andreas Schwarz, Landtagsabgeordneter aus Kirchheim und Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Landtag. An den Koalitionsverhandlungen mit der CDU war er aktiv beteiligt. Die Ergebnisse stellte er nun aus seiner Sicht allen Interessierten im Wahlkreis vor - moderiert von seinem hiesigen Kollegen, dem grünen Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel.

Einer der wichtigsten Punkte der Vereinbarungen ist der Klimaschutz, betont Andreas Schwarz: „Wir müssen alle Hebel nutzen, um Baden-Württemberg klimaneutral zu machen.“ Einer dieser Hebel ist die Solarpflicht für alle Neubauten. Ein weiterer Hebel ist die Forderung, mögliche Standorte für Windkraft- und Agro-Photovoltaik-Anlagen in die jeweiligen Regionalpläne aufzunehmen. Andreas Schwarz plädiert auch für einen „Rat der Klimaweisen“ - ein Expertengremium, das die Landesregierung kontinuierlich berät. Jedes Projekt im Land soll zudem unter dem Klimavorbehalt stehen. Alles ist vor der Realisierung auf die Klima­relevanz zu überprüfen.

Mit dem Klimavorbehalt konkurriert allerdings der Finanzierungsvorbehalt, der besagt: Alles muss auch finanzierbar sein. Wird das Bekenntnis zum Klimaschutz dadurch von Anfang an schon wieder aufgeweicht? Andreas Schwarz sieht diese Gefahr nicht. Er spricht von vielen „regulatorischen Vorgaben“, die den Klimaschutz in Baden-Württemberg voranbringen, ohne dass sie den Haushalt belasten: „Wenn wir vorschreiben, dass jeder Neubau mit einer PV-Anlage zu versehen ist, trifft das die privaten Investoren und kos­tet den Staat erst einmal nichts.“

Gleiches gilt für die Aufzählung von Vorhalteflächen für Windkraftstandorte in den Regionalplänen: „Auch das kostet uns erst einmal nichts - sorgt aber künftig für Strom aus erneuerbarer Energie.“ Ähnlich verhält es sich mit den Plänen, den ÖPNV auszubauen: „Das lässt sich dadurch finanzieren, dass wir es den Kommunen ermöglichen, eine Nahverkehrsabgabe zu erheben.“ Wie bei der Solarpflicht wird die Allgemeinheit dann also direkt zur Kasse gebeten, ohne den „Umweg“ über Haushaltsmittel des Landes.

Punkte, an denen der Finanzierungsvorbehalt stärker in die Koalitions-Vereinbarungen eingreifen könnte, sieht Andreas Schwarz beim Ausbau des schnellen Internets oder bei der Schaffung neuer Stellen im Polizeidienst: „Das kostet Geld und steht deswegen unter dem entsprechenden Vorbehalt. Das ist auch gut so, weil schließlich ja die Abgeordneten entscheiden müssen, wofür wie viel Geld zur Verfügung steht.“ Ansonsten würde der Koalitionsvertrag die Arbeit des Landtags ja überflüssig machen: „Ein Koalitionsvertrag ist eine politische Verständigung, kein Haushaltsplan.“

Trotzdem hält Andreas Schwarz die „Nahverkehrsergänzungsstation“ am Stuttgarter Hauptbahnhof in jeder Hinsicht für machbar: „Technisch ist das möglich, und mit Kosten von 800 Millionen Euro ist es auch finanzierbar.“ Um das Ziel zu erreichen, die Fahrgastzahlen bis 2040 zu verdoppeln, brauche es eben eine leistungsfähige Infrastruktur. Es gehe darum, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen, das alle politischen Ebenen dazu verpflichtet, dem Umweltschutz mehr Bedeutung beizumessen. Dazu gehört beim Verkehr eben auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs wie auch der Rad- und Fußwege.

Die Bedeutung der Brennstoffzelle

Beim Individualverkehr kommt die „Antriebswende“ hinzu: „Das muss ökologischer werden, unter anderem durch synthetische Kraftstoffe sowie durch die Brennstoffzellentechnik für Nutzfahrzeuge.“ Es gehe darum, „grünen“ Wasserstoff zu erzeugen, aus erneuerbaren Energiequellen: „Die Brennstoffzellentechnik hat für mich als Abgeordneten aus dem Landkreis Esslingen eine ganz große Bedeutung. Das will ich mit großem Engagement weiterführen.“

Ebenfalls wichtig für einen hiesigen Abgeordneten ist eine Recyclingquote bei Baustoffen: „Eine solche Quote wollen wir bei Neubauten des Landes einführen.“ Beim Bauen ist der Einsatz von Recyclingbaustoffen aber nicht das einzige Thema für Andreas Schwarz: „Es geht auch um die Flächen, um die Materialien als solche, um die Klimaneutralität oder auch um die Digitalisierung. Da werden uns die Themen nicht ausgehen.“ Letzteres gilt für die Landespolitik allgemein - und für den Koalitionsvertrag für die nächsten fünf Jahre im Speziellen.