Weilheim · Lenningen · Umland
Wenn es in der Weilheimer Stadtbücherei brennt

Hauptübung Die Freiwillige Feuerwehr Weilheim hat in der Innenstadt den Ernstfall geprobt. Was viele nicht wissen: In der Fachwerkmauer der Bücherei versteckt sich eine Besonderheit. Von Daniela Haußmann

Ein Mann rennt in der Weilheimer Innenstadt aufgeregt auf die Straße. Hinter ihm qualmt es aus einem Gebäude, einige Menschen klopfen panisch an die Scheiben und rufen um Hilfe. Ein paar Passanten bleiben stehen, weil sie unsicher sind. Andere wollen wissen, ob schon jemand die Feuerwehr gerufen hat. Zum Glück ist alles nur eine Übung: Am Samstag probte die Freiwillige Feuerwehr Weilheim bei ihrer Jahreshauptübung den Ernstfall.

 

Das ist eine Weilheimer Besonderheit.
Norbert Wahl
Der Kommandant der Weilheimer Feuerwehr über die einklappbare Fachwerkmauer bei der Bücherei.
 

Schon wenige Minuten nachdem die Notfallnummer 112 gewählt worden war, kamen die ersten Einsatzfahrzeuge „Im Winkel 4“ an: Es „brannte“ in der Stadtbücherei. Die bei der Simulation angenommene Ursache: ein Kabelbrand, den ein Monteur bei Arbeiten an der Heizung ausgelöst hatte.

In Windeseile rollten die Feuerwehrleute die Schläuche aus, legten Verteiler und schlossen ein Standrohr an den Hydranten an. Ein anderer Trupp baute die Löschwasserversorgung von der Lindach zum Einsatzort auf. Wolfgang Pfauth lief um das Gebäude und verschaffte sich so einen Überblick über die Lage. Dabei entdeckte der Einsatzleiter Lea Gienger auf dem Vordach. Die 11-Jährige, die zur Jugendfeuerwehr gehört und bei der Simulation eine Verletzte spielte, war in ihrer Not aus dem Fenster ins Freie geklettert.

Beim Abstieg per Seil gesichert

Jonas Pfauth und Matthias Buttig stiegen über eine Leiter zu der Schülerin hinauf. Vor dem Abstieg wurde sie mit einem Rettungsknoten am Seil gesichert, um zu verhindern, dass sie abrutscht oder abstürzt. Gleichzeitig sicherte sich Matthias Buttig auch selbst mit der Feuerwehrleine direkt am Gebäude, um die Kräfte zu minimieren, die bei einem Fall aus größeren Höhen entstehen. Anschließend stieg Lea Gienger mit Hilfe von Jonas Pfauth die Leiter hinunter, wo sie der DRK-Bereitschaft Weilheim übergeben wurde.

In der Zwischenzeit hatten Atemschutzgeräteträger die Kellertüre geöffnet und mit ihrem Strahlrohr einige Wasserstöße in Richtung Decke abgegeben, um die Temperatur im Inneren des Raumes abzusenken. So wird laut Norbert Wahl, Kommandant der Weilheimer Feuerwehr, eine Rauchgasdurchzündung verhindert, also das plötzliche Durchzünden und Abbrennen von Pyrolysegasen. Die entstehen nach Auskunft des Weilheimer Feuerwehrkommandanten, wenn Stoffe wie Holz, Plastik oder Gummi so weit erhitzt werden, dass sie brennbare Gase absondern.

Mit Atemschutzgeräten auf Personensuche

Nachdem diese Gefahr gebannt war, betraten die Rettungskräfte den Keller. Dunkler Rauch versperrte ihnen die Sicht. Um sich zu orientieren und Verletzte zu finden, gingen die Atemschutzgeräteträger in die Hocke. Mit abgespreiztem Bein, das sie zur Personensuche einsetzten, arbeiteten sie sich an der Wand entlang durch den Raum. Der Monteur war schnell gefunden und wurde vom DRK weiter versorgt.

Norbert Wahl betonte, dass in der Stadtbücherei Brandschutztüren verbaut sind. Die verhindern bei einem Feuer, dass sich der Rauch im gesamten Gebäude ausbreitet. „So kommen wir schneller voran, weil wir eine deutlich bessere Sicht haben“, sagte Jugendfeuerwehrleiter Manuel Schumacher. Währenddessen wurden über die Drehleiter weitere Personen aus den oberen Stockwerken gerettet. Als eine Weilheimer Besonderheit bezeichnete Wahl den Umstand, dass sich ein Teil der Fachwerkmauer bei der Bücherei nach innen einklappen lässt, so dass eine große Luke entsteht. Dieser Rettungsweg wurde auf Anraten der Feuerwehr bei der letzten Sanierung geschaffen.

Appell: Nicht „wild“ parken

Der Atemschutzgeräteträger Chris Bernauer wies noch auf eine weitere Besonderheit hin: „In einer Bücherei können sich viele Menschen aufhalten, darunter auch Kinder, die bei Gefahr dazu neigen, sich zu verstecken.“ Bei einem realen Einsatz würden die Rettungskräfte deshalb zum Beispiel auch in Schränken oder unter Schreibtischen nach ihnen suchen.

Norbert Wahl appellierte an die Bevölkerung in der Innenstadt, Fahrzeuge nur auf den ausgewiesenen Parkflächen abzustellen, um der Feuerwehr die Arbeit im Notfall nicht unnötig zu erschweren. Rund 100 Menschen hatten die Übung verfolgt. Darunter Christine Fink. Sie beeindruckte nicht nur die enorme Leistungsfähigkeit der Wehr, sondern auch die hohe Bereitschaft anderen unter Einsatz der eigenen Gesundheit zu helfen.