Ärgernis
Wenn Ratten das Regiment übernehmen

Monatelang war ein Parkplatz an der B27 bei Filderstadt wegen einer Rattenplage gesperrt. Ein Vor-Ort-Termin mit der Straßenmeisterei hat gezeigt, dass dort ein riesiges Müllproblem besteht.

Monatelang war ein Parkplatz an der B27 bei Filderstadt wegen einer Rattenplage gesperrt. Zwei Stunden brauchen die Kollegen, bis der Parkplatz wieder sauber ist. Foto: Caroline Holowiecki

Es riecht gammelig, trotz der kühlen Witterung an diesem Montagmorgen. Kistenweise exotisches Gemüse steht herum. In regennassen, aufgeweichten Kartons liegen Spargelbohnen, Mini-Thaiauberginen, Chilischoten und Bitterkürbisse. Daneben: haufenweise volle schwarze und gelbe Müllsäcke. Ein paar Meter weiter bietet sich ein ganz ähnliches Bild. Zum eingetüteten Abfall gesellen sich ein mannshoher Wandspiegel, eine Kaffeemaschine, eine ausgediente Papiertasche von Dior und mehrere mit einer klaren gelben Flüssigkeit gefüllte Plastikflaschen. Urin.

Montags am Schlimmsten

Der Kolonnenführer Kurt Rall und seine Kollegen Ramazan Serce und Hans-Martin Schweizer von der Straßenmeisterei Deizisau stehen im Nieselregen und blicken auf die unappetitlichen Anhäufungen auf dem Parkplatz an der B 27. Hier, gleich neben einem Krautfeld am Rand von Bonlanden, haben sich mal wieder etliche Menschen ihres Unrats entledigt. Die beiden schwarzen Müllcontainer quellen über, daneben wurde mit Säcken und Kartons angebaut. Montags sei es am schlimmsten, sagen die Männer, die unter anderem für die Beseitigung von Verschmutzungen entlang der B 27 zwischen Stuttgart-Fasanenhof und Walddorfhäslach zuständig sind.

Vornehmlich am Wochenende steuerten Müllsünder die vier Parkplätze in diesem Bereich der Straßenmeisterei Deizisau an, um illegal Abfall loszuwerden. Was die Männer montags erwartet, ist hanebüchen. „Wir finden ganze Haushaltsauflösungen“, sagt Kurt Rall. Er und seine Kollegen berichten von Farbeimern, rohem Pizzateig, Kühlschränken, kompletten Schlafzimmern, Chemikalien, Altöl. Vor allem im Sommer sei das eklig – wegen des Gestanks, auch wegen Maden und anderer Tierchen. Daniela Bayer, die zuständige Sachgebietsleiterin beim Kreisstraßenbauamt, hat eine ganze Mappe mit Fotos dabei, die auf Parkplätzen entlang von Bundesstraßen gemacht wurden. Sie spricht von einem echten Problem. „Ich kritisiere nicht die normalen Reisenden und die Lastwagen-Fahrer. Was mich richtig wütend macht, sind andere Dinge“, betont sie und meint damit die Ablagerungen von Haus- und gewerblichem Müll. Und die nehmen offenbar zu. „Ja, es wird schlimmer“, stellt Kurt Rall klar.

Giftköder erfolglos

Was passieren kann, konnte man bis vor Kurzem auf dem zweiten B 27-Parkplatz bei Filderstadt beobachten. Die Bucht in Fahrtrichtung Stuttgart war mehr als ein Jahr lang gesperrt – wegen einer außer Kontrolle geratenen Rattenplage. Das komplette Gelände musste umgegraben, verfestigt und neu angelegt werden. Einen fünfstelligen Betrag hat das gekostet; Kosten, die die Allgemeinheit trägt. Zuvor hatte man monatelang erfolglos mit Giftködern probiert, dem Ungeziefer Herr zu werden. Daniela Bayer hat davon ebenfalls Fotos. Der Untergrund darauf ist durchlöchert wie ein Käse. Solch ein Zustand ist kein Einzelfall. Auch an der B 313 bei Wernau musste 2023 das große Rad gedreht werden, nachdem dort Fleischabfälle Tiere angezogen hatten. Lebensmittelabfälle seien besonders problematisch wegen der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest.

Mindestens zweimal wöchentlich werden die Parkplätze gereinigt, dreckig ist es schnell wieder. „Wir haben sehr viele Beschwerden“, sagt Daniela Bayer. Sie sucht den Boden mit Blicken ab, ihre Augen bleiben an Löchern im Boden hängen. „Da müssen wir auch wieder aufpassen“, sagt sie. Besonders schlimm seien Vermüllungen erfahrungsgemäß an zweibahnigen Straßen, ist vor Ort zu hören, auch in der Nähe von Fastfood-Lokalen. Tun können die Behörden offenbar aber wenig. Wenn möglich, würden Ablagerungen zur Anzeige gebracht. Notgedrungen gehe man zudem dazu über, Mülleimer wieder von den Parkplätzen zu entfernen. „Früher war ich ein Befürworter der Container, jetzt bin ich ein Gegner, denn sie ziehen noch mehr Müll an“, sagt Kolonnenführer Kurt Rall.

Vor drei Tagen noch sauber

Er blickt sich an diesem Montagmorgen um. Bisweilen ärgere er sich maßlos. „Wir haben den Parkplatz am Freitag tipptopp hinterlassen“, sagt er. „Das ist unsolidarisch“, findet auch Daniela Bayer. Alle Beteiligten würden sich ein Umdenken der Müllsünder wünschen. Bis dahin bleibt der Kolonne nichts anderes übrig, als die stinkenden Berge wegzuräumen. Zum Glück ist an diesem Morgen gleichzeitig auch der Kollege der Entsorgungsfirma Remondis da, die für die Leerung der Container auf dem Parkplatz zuständig ist. Das beschleunigt die Säuberung. Mit bloßen Händen werden Säcke aufgeladen, Kleinteile werden mit Zangen und Schaufeln zusammengeräumt. Gut zwei Stunden braucht das Trio für alles. Dann geht es weiter. Es gibt heute noch viel zu tun.

Die Straßenmeisterei hat viele Aufgaben

Gebiet Die hiesigen drei Straßenmeistereien Deizisau, Kirchheim und Geislingen kümmern sich um insgesamt 1159 Straßenkilometer von Land-, Kreis- und auch Bundesstraßen, heißt es online beim Landratsamt Esslingen. Die Landkreise Esslingen und Göppingen sowie Teile der Bundesstraßen 10 und 27 im Stuttgarter Bereich sind dabei als ein Gebiet zusammengefasst.

Aufgaben Zu tun gibt es für die Mitarbeitenden der Straßenmeistereien in ihrem Arbeitsalltag einiges. In ihren Aufgabenbereich fallen die bauliche Unterhaltung, die Grünpflege, die Reinigung von Fahrbahnen, Parkplätzen, Seitenflächen und Entwässerungsanlagen, der Winterdienst, die Streckenwartung, der Amphibienschutz oder auch die Schadensbeseitigung nach Unfällen. cah