Nicht überall ist die Lage so zugespitzt wie vor der Kirchheimer Freihofschule. Dort, wo die Stadt dabei ist, mit Pollern gegen Elterntaxis vorzugehen, spielen sich vor und nach Unterrichtsbeginn wilde Szenen ab. Kreuz und quer stehende Autos, gefährliche Wendemanöver, mittendrin: Kinder auf dem Weg nach Hause oder zur Schule. Unerwünschter und in den meisten Fällen auch vermeidbarer Pkw-Verkehr direkt vor der Tür ist allerdings in fast jeder Grundschule ein Ärgernis.
Schulleitungen und Elternvertretungen erhalten jetzt ideelle Unterstützung durch eine bundesweite Initiative, die von den Sparkassen finanziell unterstützt wird: Die Aktion „SpoSpiTo“ (Sporteln, Spielen, Toben) setzt auf das, was Kindern am meisten Spaß macht: sich mit anderen messen. Die Idee: Wer es schafft, innerhalb von sechs Wochen mindestens 20-mal zu Fuß, mit dem Tretroller oder Fahrrad zur Schule zu kommen, bekommt eine Urkunde und nimmt an einer Verlosung teil, bei der sich neben Rucksäcken auch Scooter und Fahrräder gewinnen lassen. Festgehalten wird der autofrei zurückgelegte Schulweg in einem Bewegungspass. Seit dem Ende der Osterferien nehmen bundesweit mehr als 70 000 Kinder an der Aktion teil. Im Kreis Esslingen sind nur fünf Grundschulen am Start, darunter die Konrad-Widerholt-Schule in der Kirchheimer Innenstadt mit ihrer Dependance auf dem Schafhof und die Owener Sibylle-von-der-Teck-Schule.
Dort kam die Initiative aus Reihen der Eltern. Stefanie Wünschmann kennt das Problem. Die Owener Elternbeiratsvorsitzende hat gleich zwei Sprösslinge in der ersten und zweiten Klasse. Wenn Kinder morgens mit dem Auto direkt vor der Tür abgesetzt werden, geht es häufig eng zu auf dem Schulgelände. Dann wird es schnell unübersichtlich, mit allen damit verbundenen Risiken. Aus Sicht der Elternsprecherin vermeidbar. „In Owen sind die Wege kurz“, sagt sie. Als Physiotherapeutin hat sie zudem jeden Tag vor Augen, was Bewegungsmangel schon bei Kindern anrichten kann. Für Wünschmann ist die Aktion deshalb eine Chance, Eltern zu überzeugen und alle ins Boot zu holen, „ohne mit dem Finger aufeinander zu zeigen“, wie sie betont.
Anreize zum Umdenken will auch die Konrad-Widerholt-Schule geben. Dort sind die Elterntaxis immer wieder Thema bei Elternabenden und auch in der Verkehrserziehung im Unterricht. „Bei uns ist die Situation nicht ganz so schlimm wie an manch anderen Schulen“, meint Rektorin Petra Englert. Doch heikle Situationen oder zugeparkte Bushaltestellen gehören auch hier zum Alltag. Jetzt ist sie gespannt, wie die Aktion bei den Eltern ankommt. Eine Erklärung, weshalb ihre Schule als einzige in ganz Kirchheim dabei ist, hat Englert nicht. An der Relevanz des Themas kann es kaum liegen. „Vielleicht wurde die Aktion nicht gut genug beworben“, vermutet sie. „Gut möglich, dass die Mail bei vielen einfach untergegangen ist.“