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Wernau ist schockiert über DHL-Pläne

Verkehr Im Gemeinderat und beim Bürgermeister der Stadt herrscht große Verärgerung wegen der Pläne, einen Großteil des Lkw-Verkehrs auf die B 313 über Wernau laufen zu lassen statt über Köngen-Nord. Von Sylvia Gierlichs

Die Erweiterung des Postfrachtzentrums ist keine ganz einfache Angelegenheit. Schon 2016 nahmen die Deutsche Post und ihr Partner, die Firma Hellmich aus Dinslaken, Anlauf, um das Paketpostzentrum zu erweitern.

Da das angrenzende Gelände jedoch vom Motorsport-Club Köngen-Wendlingen belegt war und lange kein neues Quartier für die Trial-Fahrer zur Verfügung stand, wurden die Pläne auf die lange Bank geschoben. Die Lösung kam 2021, der MSC zieht ein Stückchen nach Norden auf das Gelände der alten Lackfabrik.

Doch damit war noch nicht alles in Butter. Denn eine Erweiterung des Frachtzentrums um eine sogenannte Co-Location bringt vor allem eins mit sich: mehr Verkehr. Von 500 Lkws war die Rede, als Vertreter der Firma Hellmich kürzlich ihre Pläne im Köngener Gemeinderat vorlegten. Dort war den Räten vor allem wichtig, dass Köngen nicht durch den Lkw-Verkehr belastet wird.

400-seitiges Gutachten

Die Angst, der Schwerlastverkehr könne sich durch halb Köngen schlängeln, trieb die Köngener schon vor Jahren um. Deswegen wurde die Ausfahrt Köngen-Nord gebaut. Von dort sind die Lkws ruckzuck in der Robert-Bosch-Straße, in der sich die heutige Einfahrt befindet. Doch die Einfahrt soll mit dem Bau der Co-Location in die Plochinger Straße verlegt werden. Genau dorthin, wo heute die Einfahrt zur Lackfabrik ist. Um die zu erreichen, sollen die Lkw-Fahrer schon in Wernau die B 313 verlassen. Die Anschlussstelle Köngen-Nord soll nur noch für wenige Fahrten genutzt werden. So wünschten es sich die Köngener Gemeinderäte und so wurde es mittlerweile geplant. Festgehalten sind die Pläne in einem 400-seitigen Gutachten. Das liegt seit letzter Woche auch den Wernauer Gemeinderäten vor. Und die staunten nicht schlecht.

Denn obwohl etliche DHL-Lkws ihre Fracht zwischen 22 und 4 Uhr abliefern, ist die Zunahme an Fahrzeugen durch die Erweiterung des Frachtzentrums nicht unerheblich. Zu den abendlichen Spitzenzeiten ist laut Gutachten mit fast 900 Fahrzeugen in beiden Richtungen zu rechnen. Für Wernau bedeutet das, dass die Kreuzung „Köngener Straße/Kirchheimer Straße“ umgebaut und mit Abbiegespuren versehen werden muss. Zudem sollen die Grünphasen der Ampeln zugunsten der B 313-Ab- und -Auffahrer geändert werden. „Betriebliche Anpassung“, nannte das Verkehrsplaner Jan Malik, der von Hellmich mit dem Gutachten beauftragt worden war.

In Wernau sind die Stadträte empört: „In Köngen wird entlastet. Zu unseren Lasten“, stellte Dr. Gereon Trabold von der Bürgerliste fest. Sein Ratskollege Rainer Münch (FW) fragte, warum das Postfrachtzentrum nicht eine eigene Abfahrt von der Bundesstraße erhalte. „Diese Pläne können wir nicht akzeptieren“, sagte er. Als Irrsinn bezeichnete Stadtrat Jens Müller (CDU) die Pläne, den Schwerlastverkehr über eine Kreisstraße zu führen. „Die B 313 ist extra mit Lärmschutzwänden versehen worden, und wir sollen nun den Schwerlastverkehr an unserem Sport- und Freizeitzentrum ertragen“, schimpfte er.

Verkehrsplaner Jan Malik sieht einen Ausbau der Ausfahrt Köngen-Nord kritisch, es sei dort zu eng. Auch einer direkten Zufahrt von der B 313 auf das Firmengelände erteilte er eine Absage, denn die läge zu dicht an Köngen-Nord, was nicht den Richtlinien entspreche.

2025 will die Firma Hellmich, die das Gelände im Auftrag für die DHL entwickelt, mit dem Anbau fertig sein. „Damit legen Sie uns die Pistole auf die Brust, dann müssen Sie ja dieses Jahr anfangen zu bauen“, ärgerte sich Gereon Trabold. Er ärgerte sich auch darüber, dass den Räten das Gutachten erst kurzfristig zur Verfügung gestellt wurde.

Die Stadt Wernau hatte mit Steffen Eckert einen eigenen Gutachter einbestellt, der jedoch weitgehend das Zahlenwerk seines Kollegen Malik bestätigte. Er bestätigte, dass die Abbiegespuren zwingend notwendig seien. Doch darüber hinaus findet er es notwendig, zu untersuchen, ob Schutzgüter betroffen seien. Damit meinte er die Lärmentwicklung. „Geprüft werden muss aber auch, ob die Kreisstraße überhaupt für diesen Mehrverkehr ausgelegt ist. Das muss im Vorfeld geschehen, sonst ist sie in ein paar Jahren kaputt, und das kann auch DHL nicht wollen“, sagte Eckert.

Bis die Bagger rollen, scheint also noch etwas Wasser den Neckar hinunterzufließen.