Viele haben es in diesem Sommer schon erlebt: Kaum hat man sich im Freien am Tisch niedergelassen, um sein Essen oder ein Eis zu genießen, umschwirren einen zahlreiche Wespen – und die beweisen Hartnäckigkeit, wenn sie Futter wittern.
Dass Wespen in diesem Sommer wieder besonders häufig unterwegs sind, bestätigt Tobias Helling von der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Esslingen. Der Biologe ist einer von drei Kreis-Ökologen. Sie können unter anderem zurate gezogen werden, wenn es Probleme mit Wespennestern gibt. „Im Gegensatz zum vorigen Jahr haben wir doppelt so viele Einsätze und sind bereits bei über 100 Fällen“, berichtet er. Er weist allerdings darauf hin, dass im vergangenen Jahr durch die Unwetter viele Wespennester zerstört worden seien. Geht dabei die Königin verloren, wird kein neuer Staat aufgebaut. Durch die Witterungsverhältnisse habe es auch ein geringeres Nahrungsangebot in der Aufzuchtphase gegeben, die Völker seien kleiner ausgefallen.
In diesem Jahr seien die Bedingungen dagegen besser gewesen, doch bei zunehmender Trockenheit verringere sich das Nahrungsangebot der Wespen. Dann können sie an einem gedeckten Tisch recht aufdringlich werden. Helling betont jedoch, dass nur wenige Wespenarten heiß auf menschliches Essen sind. Das trifft vor allem auf die Deutsche Wespe und die sogenannte Gemeine Wespe zu. Sie bauen zum Teil große Nester und versorgen zahlenmäßig starke Völker, was viel Energie benötigt. „Die Arbeiterinnen sind auf Kohlenhydrate aus, die sie in Früchten und Blüten, aber auch in süßen Speisen finden, während sie für die Aufzucht der Larven eiweißreiche Nahrung benötigen“, erklärt Helling.
So stürzen sich diese Wespen auch auf Wurst und Fleisch, was bei so mancher Grillparty für Unbehagen sorgt. Auch Milchprodukte zählen zum Speiseplan. Ihren Proteinbedarf decken die Wespen in der Regel mit Insekten ab. „Da ist durchaus ein Nutzen für eine ausgeglichene Ökologie, vertilgen sie doch auch Schädlinge und halten so deren Populationen geringer“, weiß Helling. Mit fortschreitendem Sommer, aber auch bei Trockenheit, wird das Nahrungsangebot an Insekten und Blüten immer knapper, erklärt der Ökologe. Dann suchen Wespen vermehrt nach Alternativen.
Kritisch kann es allerdings für Allergiker werden, bei denen Stiche für erhebliche Hautirritationen und Schwellungen bis hin zum allergischen Schock mit dem Zusammenbruch des Kreislaufsystems führen können. Auf Nachfrage in der Medius-Kreisklinik in Nürtingen ist trotz verstärktem Aufkommen von Wespen in diesem Jahr jedoch keine Häufung von Behandlungen nach Insektenstichen festzustellen, was wohl daran liegt, dass Allergiker um ihr Problem wissen und noch mehr Vorsicht walten lassen. Geraten wird auch dazu, Kindern nach dem Genuss von süßen Speisen den Mund abzuwischen, sind Stiche im Mund- und Rachenraum doch sehr gefährlich.
Manche Menschen beobachten, dass sie Wespen besonders anziehen, während die Tischnachbarn mehr Ruhe vor den gelb-schwarzen Hautflüglern haben. Eine Erklärung könnten laut Helling Duftstoffe sein, die für Wespen besonders attraktiv sind und zum Beispiel in Produkten zur Körperhygiene oder auch in Kosmetika enthalten sind, vor allem mit süßlichen und blumigen Aromen. Auch Kleidung mit bunten und grellen Farben könne eine Anziehungskraft haben.
Andererseits scheint es Düfte zu geben, die Wespen eher meiden. So werden mit Nelken gespickte Zitronenscheiben als probates Mittel empfohlen, um Wespen zu vergrämen. Auch eine sogenannte Ablenkfütterung hilft gut, indem man eine Futterquelle einige Meter entfernt platziert. Konfitüre oder zerdrückte Trauben auf einem Teller sollen dabei besonders effektiv sein. Dringend abgeraten wird von Anpusten. Das in der Atemluft enthaltene Kohlendioxid signalisiert Wespen Fressfeinde, was sie aggressiv macht.
Ist die Aktivität im Spätherbst erlahmt, kann ein Wespennest entfernt werden. Doch wird es in der Regel im nächsten Frühjahr ohnehin nicht besiedelt, bauen die Königinnen für den Grundstock ihres Staates doch immer ein neues Nest.