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Wie das Feuer eine Familie schädigte

Justiz Im Dettinger Brandstiftungs-Prozess berichten Zeugen über die Langzeitfolgen.

Dettingen. Die 46-jährige Frau, die in ihrer Dettinger Wohnung „den Teufel verbrannt“ hatte, sitzt nach wie vor noch wegen schwerer Brandstiftung auf der Anklagebank am Stuttgarter Landgericht. Am vierten Prozesstag schilderte ein Hausbewohner im Zeugenstand die Folgen des Feuers bei ihm und seiner Ehefrau.

Knapp 600 000 Euro Schaden hat das Feuer am späten Abend des 29. April dieses Jahres in dem Mehrfamilienhaus auf dem Guckenrain in Dettingen verursacht. Das ganze Gebäude ist danach unbewohnbar gewesen. Die Angeklagte, die nunmehr in ihrem Verfahren vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts ihre Täterschaft nicht abstreitet, vielmehr sagt, sie habe mit dem Feuer den Teufel vernichten wollen, könnte nach gutachterlicher Sicht ein Fall für die Psychiatrie sein (wir berichteten).

Die Bewohner, die damals das Haus komplett verlassen mussten und übergangsweise in einer Ersatz-Immobilie untergebracht wurden, sind durch Rauchgase teilweise schwer betroffen worden. Selbst das Nachbargebäude hatte die Feuerwehr damals evakuieren müssen, da die Gefahr eines Übergreifens des Feuers bestand.

Ein 33-jähriger Hausbewohner schilderte gestern vor den Stuttgarter Richtern seine Erlebnisse mit dem Feuer und auch mit der Angeklagten, die ein Stockwerk unter ihm ihre Wohnung hatte. Die Angeklagte sei schon länger durch ihr sonderbares Verhalten aufgefallen, habe lautstarke Selbstgespräche geführt und sei einmal mit einem Abendkleid im Hausflur erschienen, so als ob sie gerade zu einem Ball gehen wollte. „Wir haben uns von ihr distanziert, weil sie fortan geredet hat“, sagt der 33-Jährige. Für ihn und seine Ehefrau hatte das Ganze gravierende negative Folgen.

Nachdem alle Hausbewohner das Gebäude verlassen mussten, seine Ehefrau damals sogar hoch schwanger war, begannen die Probleme damit, dass er für seine kleine Familie eine neue Bleibe suchen musste. Die Ehefrau habe darunter sehr gelitten und er selbst habe heute noch eine schleichende Angst, wenn er in seiner jetzigen neuen Wohnung in Owen in seiner Dusche stehe. Nahezu alles Mobiliar sei bei ihm durch das Feuer vernichtet beziehungsweise unbrauchbar geworden. Er habe größere Summen in Neuanschaffungen investieren müssen. Die immerwährende Angst vor einem neuerlichen Feuer überschatte
seine Familie.

Gutachten wird entscheiden

Die Beschuldigte auf der Anklagebank erwartet aller Voraussicht nach eine Verwahrung in einem psychiatrischen Krankenhaus, falls der Sachverständige zu dem Ergebnis kommt, dass zur Tatzeit eine schwere paranoide Psychose vorlag. Das Gutachten soll am nächsten Verhandlungstag am Donnerstag, 24. November, vorgetragen werden. An diesem Tag wollen die Richter dann wahrscheinlich auch das Urteil
verkünden. Bernd Winckler