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Wie der Kanzler-Bonus zum Malus wird

Politik Der Teckbote hat vier Kirchheimer Abgeordnete zu ihrer Einschätzung der Hessen-Wahl und zu deren Auswirkung auf die Bundespolitik und auf Angela Merkels Kanzlerschaft befragt. Von Andreas Volz

 

Wer soll Angela Merkel beerben? CDU und CSU unterstützen jeweils ihren Kandidaten Armin Laschet und Markus Söder. Wer am Ende da
Wer soll Angela Merkel beerben? CDU und CSU unterstützen jeweils ihren Kandidaten Armin Laschet und Markus Söder. Wer am Ende das Rennen macht, bleibt spannend. Foto: Symbolbild
Wer soll Angela Merkel beerben?

Mehr als die Wahl in Bayern vor zwei Wochen scheint jetzt die Hessen-Wahl dazu beizutragen, dass die politische Stimmung in Deutschland kippt. Mit dem angekündigten Rückzug Angela Merkels als CDU-Bundesvorsitzende beginnt die „Kanzlerdämmerung“. Bei der nächsten Bundestagswahl will sie sich offenbar nicht noch einmal um ihre eigene Nachfolge bewerben. Wie geht es also weiter in der Berliner Politik? Der Teckbote hat hierzu die drei Kirchheimer Landtagsabgeordneten sowie die Bundestagsabgeordnete Renata Alt befragt.

 

Karl Zimmermann
Karl Zimmermann

Für Karl Zimmermann (CDU) war es die schönste Nachricht, „als ich gehört habe, dass Friedrich Merz als Parteivorsitzender kandidieren möchte“. Er konnte sich gestern nicht einmal mehr vorstellen, dass Angela Merkel bis zum regulären Ende der Legislaturperiode Kanzlerin bleibt. Dabei tut ihm das durchaus leid: „Sie hat sich höchste Verdienste erworben. Aber sie trägt auch höchste Verantwortung für die Niederlagen.“ Täglich würden ihm treue CDU-Wähler ankündigen, zur AfD zu wechseln: „Die wollen gar nicht von der AfD regiert werden. Aber eben auch nicht mehr von Angela Merkel.“ Karl Zimmermann sieht einen Trend zur Unzufriedenheit, vor allem wegen der Flüchtlingspolitik: „An allem geben die Leute Angela Merkel die Schuld - nur nicht daran, dass es Deutschland wirtschaftlich gut geht.“ Mit der CDU könne es also nur durch Friedrich Merz wieder aufwärts gehen: „Den können Sie ruhig mit ,ä‘ schreiben. Ich habe schon Frühlingsgefühle für die CDU.“

Andreas Schwarz
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz (Grüne) ist vorsichtiger: „Ich freue mich über das Ergebnis der Grünen in Hessen. Sie haben den klaren Auftrag, sich wieder an der Regierung zu beteiligen.“ Ob die schwarz-grüne Koalition fortgeführt wird, müsse sich zwar in Hessen entscheiden. Trotzdem glaubt er fest daran: „Volker Bouffier und Tarek Al-Wazir arbeiten gut zusammen.“ Deswegen spreche nichts dagegen, dass die beiden auch weiterhin eine verlässliche Regierung stellen. Die Entwicklung der Bundespolitik sieht Andreas Schwarz dagegen mit großer Sorge. Auch er attestiert der Kanzlerin, dass Deutschland wirtschaftlich sehr gut dastehe. Er fürchtet aber um die europafreundliche Politik der CDU - je nachdem, wer den Parteivorsitz übernimmt. Von Berlin erwartet er, dass sich die große Koalition zusammenrauft: „Regieren ist kein Ponyhof. Aber jetzt muss endlich regiert werden.“

Andreas Kenner
Andreas Kenner

Andreas Kenner (SPD) sieht den Trend, dass die Bundespolitik auch Wahlen in Ländern und Kommunen beeinflusst: „Da gibt es in Hessen eine Landesregierung, mit der viele zufrieden sind. Trotzdem wird sie nur knapp wiedergewählt - weil die CDU mehr verliert als die Grünen gewinnen.“ Spannend findet er das Regierungshandeln der Grünen: „Die machen in Hessen genau das, was Joschka Fischer noch bekämpft hat.“ Zur großen Koalition in Berlin äußert sich auch Andreas Kenner skeptisch: „Ich bin gespannt, wie lange SPD und Union das noch durchhalten - auch wenn viele Sachen sehr gut gelaufen sind. Am meisten haben vor allem die profitiert, die jetzt so unzufrieden sind.“ Die SPD müsse von den Grünen lernen: „Vier oder fünf Punkte besetzen, und das klar rüberbringen.“ Noch eine weitere Weisheit bringt er an: „Wenn‘s läuft, ist alles richtig. Wenn‘s nicht läuft, hat man alles falsch gemacht. Das ist wie beim VfB.“

Renata Alt
Renata Alt

Renata Alt (FDP) sieht ihre Partei gestärkt aus der Hessen-Wahl hervorgehen: „Erst- und Zweitstimmen lagen für die FDP fast gleichauf. Es hat also keine strategische Verteilung gegeben.“ Auch wenn sich das Wahlergebnis für so darstellt, dass Schwarz-Grün hätte abgewählt werden sollen, stellt sie fest: „Wir freuen uns jetzt auf die Oppositionsarbeit in Hessen.“ Für Berlin sieht sie ein klares Signal, dass die große Koalition dort nicht mehr gewünscht ist: „Ich weiß nicht, ob die Präsenz der Bundeskanzlerin im Wahlkampf mit Volker Bouffier der CDU in Hessen geholfen hat.“ Ebenso kritisch sieht sie die Tatsache, dass wichtige Abstimmungen im Bundestag bis nach der Hessen-Wahl verschoben wurden.