War es das schon mit dem Hype um die E-Autos? Man könnte es meinen. Nur wenige Jahre sind vergangen, seit das Elektroauto als Symbol des Fortschritts galt und die Aussicht auf stille, verbrennerfreie Straßen in nicht allzu ferner Zukunft durchaus plausibel erschien.
Und doch wurden die Gespräche Jahr für Jahr leiser, die Zulassungen weniger, die Stimmung pessimistischer. Zwar steigt der Bestand in Deutschland weiterhin an, doch es geht nur langsam voran. Einen Dämpfer versetzte den Verkaufszahlen vor allem das Ende der staatlichen Elektroautoprämie im Jahr 2023.
Während reine Elektrofahrzeuge und sogenannte Plug-in-Hybride – extern aufladbare Modelle, die im Durchschnitt um die 60 Kilometer vollständig elektrisch fahren können – im Jahr 2022 noch beinahe ein Drittel aller Neuzulassungen ausmachten, sahen die Zahlen nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) im letzten Jahr schon ganz anders aus: Der Anteil klassischer E-Autos (BEVs) an den Neuregistrierungen war von 17,8 auf 13,5 Prozent gefallen, die Plug-In-Hybride (PHEVs) machten statt 13,7 nur noch 6,8 Prozent aller Zulassungen aus.
Kirchheim hinkt hinterher
Doch der Abwärtstrend erstreckt sich nicht über ganz Deutschland. Während die Zahlen in Bundesländern wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfahlen oder Hessen laut „Allianz Direct“ seit mehr als zwei Jahren rückläufig sind, sieht es in Baden-Württemberg noch ganz gut aus: Die Elektroauto- und Hybridregistrierungen nehmen zu, wenn auch nur mäßig. Was die Gesamtanzahl aller zugelassenen Elektroautos innerhalb eines Landkreises betrifft, besetzte der Kreis Esslingen im vergangenen Jahr übrigens den dritten Rang – dicht hinter Böblingen. Ganz vorne liegt Stuttgart.
Trotz vorzeigbarer Zahlen hat es Kirchheim in einem derart E-Auto-starken Landkreis schwer, sich an die Spitze der Rangliste zu kämpfen. Insgesamt wurden in Kirchheim im Zeitraum von 2019 bis 2024 insgesamt 788 reine Elektroautos und 424 Plug-In-Hybride neu registriert, was beinahe einem Viertel (23,9 Prozent) aller Zulassungen in diesem Zeitraum entspricht. Damit rangiert Kirchheim knapp hinter Nürtingen (25 Prozent) und ein ganzes Stück hinter der E-Auto-Hochburg Esslingen (30,8 Prozent).
Erwartungsgemäß schossen die Zahlen von 2019 bis 2021 in die Höhe und stabilisierten sich anschließend. Mit dem Ende der staatlichen Förderung für Plug-In-Hybridfahrzeuge Anfang 2023 brachen die Verkaufszahlen im Laufe des Jahres ein. Dass es auch mit der Kaufprämie für E-Autos Ende 2023 vorbei war, machte sich im Folgejahr bemerkbar, als der Anteil reiner Elektroautos an allen PKW-Zulassungen auf 16 Prozent schrumpfte – der niedrigste Wert seit 2020, aber dennoch über dem Bundesdurchschnitt.

Problempunkt Preis
Obwohl sich auf den Straßen Baden-Württembergs mehr E-Autos und Hybride herumtreiben als in manch anderem Bundesland, lässt sich der Verbrenner nicht vom Thron stoßen. Für das Klimaziel der Landesregierung – 50 Prozent Elektroautos auf den Straßen bis 2030 – sieht es aktuell schlecht aus. Doch woran liegt es, dass die Stromer den Durchbruch nicht schaffen?
„Zu geringe Reichweite“ und „zu wenig Ladesäulen“ zählen zu den wesentlichen Hinderungsgründen beim Kauf eines E-Autos – das geht aus einer repräsentativen Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor. Das bislang größte Argument gegen den Kauf sind demnach jedoch die Anschaffungskosten. Denn obwohl der Preisabstand Stück für Stück schrumpft, sind Elektrofahrzeuge bis dato oft merklich teurer als vergleichbare Verbrenner-Modelle. Besonders auf dem Land werden die finanziellen Einstiegshürden als zu hoch wahrgenommen.
Land schlägt Stadt
Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen um ein Großstadtphänomen handelt. Die Ergebnisse einer von CHECK24 in Auftrag gegebenen Umfrage suggerieren, dass das Interesse an Elektroautos bei Menschen in ländlichen und vorstädtischen Gegenden sogar etwas größer ist als bei Städtern. Auch in den kleineren Ortschaften rund um Kirchheim ist das E-Auto kein Kuriosum. So waren rund ein Viertel der Fahrzeuge, die von 2019 bis 2024 in Neidlingen (26,3 Prozent) und Ohmden (24,2 Prozent) zugelassen wurden, rein oder teilweise elektrisch betrieben – etwas mehr als im städtischen Kirchheim.

(K)Ein Auto für die Jugend
Besonders gut kommt das Konzept Elektromobilität bei jungen Leuten an – das zeigt zumindest eine aktuelle Umfrage des ADAC. Demnach erwägt mehr als jeder Zweite der Befragten unter 30 Jahren, sich in der Zukunft ein E-Auto zuzulegen. Davon hat es sich die Hälfte bereits fest vorgenommen. Skepsis herrscht eher bei älteren Verkehrsteilnehmern: Von den Befragten über 50 zieht nur etwa jeder Fünfte den Kauf eines Stromers in Betracht.
Zwischen reinem Willen und Wirklichkeit klafft jedoch noch eine gewaltige Lücke. Der Blick auf die Straßen der Region zeigt: Junge Leute am Steuer von Elektrofahrzeugen sind hierzulande noch eine Rarität. Das Durchschnittsalter von Kirchheimer Käufern lag in den vergangenen Jahren sowohl bei den E-Autos als auch bei den extern aufladbaren Hybridfahrzeugen bei über 50 Jahren.
Dass der Kaufpreis eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs sich aktuell noch schwer mit einem Azubi- oder Einstiegsgehalt verträgt, mag eine Erklärung für diesen Widerspruch sein. Sollten Elektroautos in Zukunft tatsächlich deutlich günstiger werden, könnte das womöglich auch einen Generationenwechsel innerhalb der Käuferschaft anstoßen.