Julia M. (Name geändert) ist verliebt. Ihr Schwarm heißt Lee, sieht aus wie ein K-Pop-Sänger und lebt in Bangkok. Das zumindest lässt er Julia M. glauben, und so steht es auch in seinem Profil auf der Online-Dating-Plattform. Die 45-Jährige aus dem Kreis Esslingen und Lee schreiben sich Tag und Nacht, tauschen Bilder aus und erzählen sich von ihrem Alltag. Als Lee ankündigt, sie in Deutschland besuchen zu wollen, kann Julia M. ihr Glück kaum fassen – bis sie folgende Nachricht erreicht: „Leider ist mir meine Kreditkarte gestohlen worden und ich kann den Flug nicht buchen“, schreibt Lee und bittet sie, ihm Geld zu überweisen. „Ich zahle es dir zurück, wenn ich in Deutschland bin.“ Julia M. wird skeptisch, zahlt nicht – und hört nie wieder von Lee. Sie ist Opfer von Love- oder Romance-Scamming geworden. Doch während sie mit verletzten Gefühlen davongekommen ist, büßen andere ihr Erspartes ein.
Über Instagram kennengelernt
So hat eine Frau aus einer Gemeinde im Kreis Esslingen in den letzten Wochen durch diese Betrugsmasche viel Geld verloren. Laut Polizei erhielt sie eine Freundschaftsanfrage über Instagram. Es entstand ein reger Kontakt, der über verschiedene Messenger-Dienste lief. Der vermeintlich nette Gesprächspartner gab sich als Ingenieur auf einer Bohrinsel aus, der bald nach Deutschland kommen wolle. Um jedoch aus seinem Arbeitsvertrag aussteigen zu können, bat der Betrüger die Frau um finanzielle Unterstützung, und so überwies sie schließlich eine hohe fünfstellige Summe.
Das Polizeipräsidium Reutlingen warnt eindringlich vor dieser Betrugsmasche, die seit längerem bekannt ist und sich derzeit erneut verbreitet. „Die Kriminellen suchen ihre Opfer in sozialen Netzwerken oder Online-Partnerbörsen, nutzen Fake-Profile und versprechen die große Liebe, nur um sie später um ihr Erspartes zu bringen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Polizei. „Hinter dieser Masche verbirgt sich nichts anderes als ein professioneller, oft bandenmäßig organisierter Betrug, der manches Mal erst entdeckt wird, wenn der Kontakt zu dem scheinbaren Freund oder der Freundin plötzlich abbricht.“
Hohe emotionale Bindung
Die Täter, die meist im Ausland sitzen, schaffen es, sich auch ohne reale Treffen im Leben ihrer Opfer unentbehrlich zu machen. Getarnt als Männer und Frauen, die auf Partnersuche sind, umgarnen sie ihre Opfer, bis diese emotionale Bindungen aufbauen. Bald folgen Berichte über persönliche, berufliche oder finanzielle Notlagen, und die Opfer werden um Unterstützung gebeten.
Tipps der Polizei
Die Polizei rät deshalb: Kein Geld an Personen überweisen, die man noch nie persönlich getroffen hat und auch auf keine sonstigen Forderungen eingehen. „Gehen Sie stattdessen zur Polizei und erstatten Sie Anzeige“, so der Appell des Polizeipräsidiums Reutlingen. Insbesondere Personen, die bereits Geld überwiesen haben, sollten nicht zögern, sich zu melden. „Im besten Fall können durch zeitnahe Ermittlungen Rückbuchungen veranlasst werden, um Geld zurückzuholen.“
Weitere Informationen und Tipps gibt es online unter www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/betrug/scamming/