Weilheim · Lenningen · Umland
Wildkräuter: Von der Wiese in den Kochtopf

Wildkräuterküche In der Heimat wachsen viele schmackhafte, gesunde und vielseitig einsetzbare Zutaten für die Küche. Welche das sind und wie man sie erkennt, erklärt eine Kräuter-Expertin. Von Katja Eisenhardt

Neun verschiedene Wildkräuter werden am Ende in den Körben und Taschen der Teilnehmerrunde von Simone Kerner-Jungfleischs Wildkräuterspaziergang landen. 14 Frauen und ein Mann haben sich für den voll belegten Kurs der Volkshochschule Kirchheim angemeldet. Treffpunkt ist an diesem sonnigen Nachmittag der Parkplatz der Kleingartenanlage „Eulengreuth“ der Gartenfreunde Dettingen. Von dort aus macht sich die bestens gelaunte Gruppe auf den Weg ins Gelände.

„Heute wird es nicht um die klassischen Küchen-, sondern um Wildkräuter gehen und wie man sie verwenden kann“, erklärt die Kursleiterin, die selbst nebenberuflich zertifizierte Kräuterpädagogin sowie Natur- und Landschaftsführerin ist. Ein großer Vorteil der Wildkräuter sei unter anderem, dass bei diesen lange Transportwege wegfielen, „sie wachsen vor Ort und sind naturbelassen“, fasst Simone Kerner-Jungfleisch zusammen. Ziel ist es unter anderem, nach dem Spaziergang die richtigen Pflanzen erkennen zu können. Das gilt besonders dann, wenn es optisch zum Verwechseln ähnliche Doppelgänger gibt: „Das kann dann schnell giftig werden. Daher ist es wichtig, die Pflanzen genau bestimmen zu können“, so Simone Kerner-Jungfleisch. Da gebe es mittlerweile als Hilfestellung zwar auch eine App fürs Smartphone, „wenn es aber besonders spezifisch wird, kann man der auch nicht immer trauen“, weiß die Expertin.

Seit der Steinzeit genutzt

Der erste Stopp auf einer blühenden Wiese am Wegesrand lässt nicht lange auf sich warten. In Hülle und Fülle findet die Truppe die erste Zutat von Simone Kerner-Jungfleischs ganz individueller Variante einer „grünen Soße“, die laut ihr „mit dem Frankfurter Original nichts zu tun hat“ und vielmehr eine cremige Suppe ist, die es am Ende des Spaziergangs bereits fertig zubereitet und warm gehalten in Thermoskannen zum Probieren geben wird. „Das ist Giersch“, erkennen einige Teilnehmerinnen das flächig wachsende Grün sofort, das sich auch in vielen Gärten gerne ausbreitet. „Giersch wurde als Wildgemüse schon in der Steinzeit gegessen“, erfährt die Runde von Simone Kerner-Jungfleisch. In der Küche könne Giersch zum Beispiel die im Vergleich langsam keimende Petersilie ersetzen und erinnere im Geschmack zudem etwas an Spinat, wobei Giersch einen höheren Eisen- und Vitamin-C-Gehalt aufweise.

Verwendbar sind die jungen Blätter, die Blattstiele, Blüten, Knospen und ebenso die jungen grünen Früchte und das zum Beispiel als Salat oder Gemüse. „Früher nannte man den Giersch Zipperleinskraut, mit ihm wurden Rheuma und Gicht behandelt“, gibt es noch einen kleinen Gesundheitsexkurs.

Zutat Nummer zwei ist die Vogelmiere, ein grüner Bodendecker: „Die Blüten müssen weiß sein, dann ist es die richtige“, erfahren die Wildkräutersuchenden. Die rote Miere mit roten Blüten dagegen ist die giftige Variante. „Die Vogelmiere hat ein Mais-Aroma und viele Mineralstoffe, vor allem Kalium, Magnesium und Eisen“, erklärt Simone Kerner-Jungfleisch.

Petra Drescher, eine der Teilnehmerinnen, ist vom Einsatz der Wildkräuter in der Küche überzeugt: „Da kann man richtig schmackhafte Gerichte damit kochen, die Wildkräuter haben ein besonderes Aroma und sind sehr vielseitig einsetzbar“, weiß die Kirchheimerin aus Erfahrung, sammelt sie doch selbst gern gemeinsam mit ihrer Enkelin die frischen Zutaten in der heimischen Natur. „Dazu kann man viele als Heilkräuter verwenden und das völlig kostenlos.“

Im Laufe des Spaziergangs wandern noch Brennnessel, Gundermann, Löwenzahn, Schafgarbe, Spitzwegerich, Knoblauchsrauke und Gänseblümchen in die Körbe und Taschen der Kräutersammelnden – immer garniert mit einem kurzen informativen Exkurs zu deren Erkennungsmerkmalen, Vorzügen und Einsetzbarkeit. Einiges an Wissen bringen die Teilnehmenden selbst mit ein.

Nicht gleich übertreiben

So etwa Käthe Münz aus Weilheim. Mit den vielseitig nutzbaren Zutaten der heimischen Wiesen beschäftigt sich die Seniorin seit Langem. „Schon meine Oma war eine wahre ‚Kräuterhexe‘ “, erzählt die Weilheimerin und lacht, mit ihr sei sie oft beim Kräutersammeln gewesen und habe viel von ihr gelernt, das sie heute selbst beim Kochen anwende. Die Weitergabe von Wissen rund um das Thema Umweltbildung und den Einsatz von Kräutern ist auch für Simone Kerner-Jungfleisch ein wichtiges Anliegen.

Sie ist mit der Natur und deren Produkte aufgewachsen und hat sich selbst immer mehr Wissen angeeignet. Ihre Eltern Ursula und Hans Kerner haben einen Obstbau-Betrieb, in Dettingen betreibt die Familie zudem einen Hofladen. „Beim Einsatz der Wildkräuter muss man einfach schauen, wo sie gut dazu passen, und zudem den Körper langsam an diese gewöhnen und nicht gleich übertreiben. Der Stoffwechsel muss Schritt für Schritt darauf eingestellt werden“, betont die Expertin.

 

Rezept für die „Gründonnerstagssuppe“

Zutaten (4 Pers.):
1 kg Kartoffeln
200 g Möhren
2 Zwiebeln
1–2 EL Butter
1 EL Mehl
200 g Crème fraîche oder Schmand
Nach Geschmack etwas Sahne
1 l Wasser, Salz
250 g Blätter von Wildgemüse nach Geschmack wie zum Beispiel Löwenzahnblätter, Vogelmiere, Brennnesselblätter, Gundermannblätter (sparsam verwenden), Giersch-, Schafgarben- und Spitzwegerichblätter, Gänseblümchenblüten (wahlweise auch Blätter), Knoblauchraukenblätter
Blüten zum Garnieren

Zubereitung:
Kartoffeln und Möhren waschen, schälen und klein schneiden. Zwiebeln schälen, schneiden und in Butter anrösten. Helle Mehlschwitze herstellen, mit etwas Brühe glattrühren. Die übrige Brühe dazu gießen, die Kartoffeln und Möhren zugeben und pürieren, dann ordentlich durchkochen. Kräuter waschen, zerkleinern und einige Minuten darin ziehen lassen, dann pürieren. Zuletzt die Suppe mit etwas Salz abschmecken.

Garniert werden kann zum Beispiel mit Gänseblümchen, Löwenzahn- oder Gundermannblüten.

Wiesenkräuter und Blüten können je nach Jahreszeit variieren. eis