Die Gemeinde hätte es sich einfach machen und sich ruhig verhalten können“, sagte Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht jüngst im Gemeinderat, als es um das Thema Windkraft und die Teilfortschreibung des Regionalplans zur Festlegung von Vorranggebieten ging. Damit wäre man auch möglichen Konflikten aus dem Weg gegangen, ergänzte er. „Aber wir haben den Anspruch, uns bei diesem wichtigen Thema nicht wegzuducken.“
Grundsätzlich sei es unbestritten, dass der Norden Deutschlands bessere Voraussetzungen für Windkraftanlagen habe. „Aber auch bei uns gibt es ein gewisses Potenzial. Deshalb tun wir gut daran, uns Gedanken darüber zu machen, wie eine ein Stück weit autarkere Energieversorgung in Lenningen aussehen könnte“, gab Schlecht zu bedenken. Das Thema Windenergie sei dabei nicht von vornherein auszuschließen.
Der Entwurf der Teilfortschreibung weise bisher für das Gemeindegebiet Lenningen keine Flächen aus – obwohl Markungsteile laut Windatlas zu den windhöffigsten Gebieten in der Region gehörten. Dabei handle es sich insbesondere um den Flächenbereich „Bulz/Fritz/Kohlhäule/Wolfwiesenhau“ auf der Schopflocher Alb. Dieses Gebiet unterliege Schutzcharakter, informierte Schlecht weiter. Wie in der Sitzungsvorlage ausgeführt, handelt es sich dabei um „Landschaftsschutzgebiet, FFH-Mähwiese und Biotope“.
Die Gemeindeverwaltung sei der Auffassung, dass geprüft werden müsse, inwieweit Belange landschaftsschutz-, naturschutz- oder artenschutzrechtlicher Natur einer Windkraftnutzung entgegenstehen, betonte Schlecht. Sollte sich bei einer solchen Prüfung herausstellen, dass die Errichtung von Windkraftanlagen in besagtem Gebiet nicht möglich ist, weil die Schutzgüter erheblich beeinträchtigt wären, „dann müssen wir damit leben“. Aber gleich von Beginn an Windkraft komplett abzulehnen, „halten wir von der Verwaltung für nicht angemessen in der heutigen Zeit“.
Lenningens Bürgermeister macht sich auch Gedanken darüber, ob das Ziel, 1,8 Prozent der Landesfläche für Windkraft auszuweisen, tatsächlich erreicht werden kann, sagte er. Sollte dies nicht der Fall sein, trete die sogenannte Super-Privilegierung ein. Dann haben die Gemeinden keine Steuerungsmöglichkeit mehr, erklärte Schlecht. Windenergieanlagen können in diesem Fall praktisch überall dort errichtet werden, wo sie genehmigungsfähig sind. Dass die Sorge eines unverhältnismäßigen Anlagen-Wildwuchses nicht unbegründet sei, zeige der Umstand, dass bereits Projektierer auf Lenninger Gemeindegebiet unterwegs seien und sich mit Eigentümerinnen und Eigentümern infrage kommender Grundstücke in Verbindung setzen. Aktuell werde schon zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Dies lasse vermuten, dass die Windkraftbranche nicht davon überzeugt ist, dass das Flächenziel von 1,8 Prozent bis zum 30. September 2025 erreicht wird. Die Gemeinde müsse daher ihre Möglichkeiten einer Standortsteuerung unmittelbar einsetzen.
Hinzu komme: Der Flächenbereich „Bulz/Fritz/Kohlhäule/Wolfwiesenhau“ stehe im Eigentum der Gemeinde. Daraus ergebe sich der Vorteil, dass Einnahmen aus der Windkraftnutzung in den Haushalt der Gemeinde fließen und so dem Allgemeinwohl dienen würden. Außerdem sei der von der Region Stuttgart festgelegte Abstand zur Wohnbebauung mit mehr als 800 Metern gewahrt.
Im Gremium entspann sich anschließend eine rege Diskussion zu einer eventuellen Windkraftnutzung auf der Schopflocher Alb. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir für dieses Gebiet die Erlaubnis für Windkraftanlagen bekommen“, gab Dr. Ulrich Jaudas zu bedenken. Trotzdem wolle er die Verwaltung unterstützen und plädiere für deren Antrag, den Flächenbereich aufnehmen zu lassen. „Windkraft wäre mir deutlich lieber als ein Endlager für Nuklearabfälle“, betonte Jaudas. Kurt Hiller unterstützte den Vorschlag der Verwaltung ebenfalls: „Wenn wir mitreden möchten, müssen wir dabei sein. Sonst entscheiden andere für uns“.
Christian Schwenk sagte hingegen: Die Region Stuttgart habe bereits umfangreich geprüft und „die Schopfloche Alb rausgenommen“. Mit Blick auf die Schutzcharaktere verbiete es sich, in diesem Bereich Windkraftanlagen zu bauen. Gunter Berger sprach sich dafür aus, das Gebiet Bulz herauszunehmen, weil es sich dabei „aus forstwirtschaftlicher Sicht um die Schatzkammer des Gemeindewalds“ handle. Er stellte einen entsprechenden Antrag. „Wenn wir den Bulz rausnehmen, können wir es gleich bleiben lassen“, sagte dazu Karl Boßler. Denn dieses Areal mache den Großteil des Flächenbereichs aus. Auch Boßler sprach sich für den Vorschlag der Verwaltung aus, denn „ich möchte, dass die Gemeinde es selbst in der Hand hat“.
So haben die Räte abgestimmt
Sieben Gemeinderäte votierten für den Vorschlag der Gemeindeverwaltung. Vier Räte stimmten dagegen, zwei enthielten sich. Damit wurde der Vorschlag der Verwaltung angenommen, weshalb über den Antrag von Gunter Berger nicht mehr abgestimmt wurde. Der Verband Region Stuttgart wird nun aufgefordert, in die Teilfortschreibung des Regionalplans zur Festlegung von Vorranggebieten für regional bedeutsame Windkraftanlagen den Flächenbereich „Bulz/Fritz/Kohlhäule/Wolfwiesenhau“ auf Gemarkung Schopfloch aufzunehmen. hei