Die Polizei, dein Freund und Helfer. Diesen Slogan kann fast jeder unterschreiben - auch wenn jüngste Ereignisse teilweise das Gegenteil zeigen. Einen genauen Einblick ins Polizistendasein zu geben, möchte der hiesige Abgeordnete der Grünen, Matthias Gastel. Wie er verschmitzt berichtete, ist er immerhin schon mal in einer Streife mitgefahren. Jetzt lud er zum Video-Gespräch mit einem Mann vom Fach.
Sein Gesprächspartner Alexander Buhl ist Polizist in Esslingen und stellvertretender Landesjugendvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Baden-Württemberg. 2016 beschloss er, vom Zollvollzugsdienst zur Polizei zu wechseln. „Das war ein Kindheitswunsch“, sagt Buhl, der schon immer Polizist werden wollte. 2018 beendete er seine Ausbildung und trat seinen Dienst an. „Ich habe das Bundeswappen gegen das Landeswappen getauscht, auch wenn der Prozess nicht ganz so einfach war, wie das klingt“, erläutert er.
Polizist ist kein leichter Job, meint auch Matthias Gastel. Der Politiker spielt damit auf die Reaktionen der Bürger an, die die Ordnungshüter in ihrem Alltag immer wieder erfahren. Für Alexander Buhl persönlich jedoch kommt es auf die jeweilige Situation an. Seiner Meinung nach überwiegen klar die positiven Erfahrungen. Der Grund des Einsatzes bestimme oft den Umgangston. „Man darf nicht vergessen, dass man ja auch ständig mit Menschen mit starken Emotionen, Ängsten und Wünschen spricht“, gibt der Polizeibeamte zu bedenken. Wenn beide Parteien freundlich aufeinander zugehen - sofern es die Situation zulasse - sei bereits viel gewonnen.
Im Hinblick auf die Geschehnisse in Stuttgart im vergangenen Monat hat Alexander Buhl eine klare Meinung: „Unser Job kann teilweise sehr belastend sein. Das war solch ein Moment.“ Für ihn steht dennoch die Fähigkeit, Menschen zu helfen, im Vordergrund - das mache seinen Beruf für ihn zu einer sehr erfüllenden Tätigkeit. Trotzdem sei ein Vorfall wie in Stuttgart für die Beamten prägend. „Das schweißt uns eigentlich noch mehr zusammen“, bekräftigt Buhl. So hat jeder Beamte stets einen Partner, den er genau im Auge behält, damit sich niemand etwas zu Schulden kommen lässt.
Dabei helfe auch die tiefgründige psychologische Ausbildung, die Polizisten bereits von Anfang an bekommen. Besonders viel Wert wird dabei auf interkulturelle Kompetenz und Stressmanagement gelegt, damit die Gesetzeshüter im Ernstfall schnell deeskalieren können.
Vorwürfe von Rassismus im Arbeitsalltag weist Alexander Buhl zurück, vor allem wenn es um Kollegen mit Migrationshintergrund geht. „Polizisten sind trotz ihres gezielten Trainings schließlich nicht allwissend“, erläutert er. Kollegen, die dolmetschen können oder sich besonders gut mit einem bestimmten kulturellen Kreis auskennen, seien deshalb viel wert. „In Deutschland ist kulturelle Vielfalt extrem wichtig“, sagt er. Auch wenn diese Kompetenz bei der Polizei ein Schwerpunktthema ist, könne man niemals alle Feinheiten einer bestimmten Kultur erlernen. Kollegen mit Migrationshintergrund hätten da einen klaren Vorteil. Auch was Rassismus gegenüber Zivilisten betrifft, betont Buhl, dass ihm keinerlei Vorfälle bekannt sind. Seit 2015 gab es landesweit 26 Disziplinarfälle wegen Rassismus. Eine geringe Zahl - vor allem im Hinblick auf die insgesamt rund 24 000 Polizisten in Baden-Württemberg.
Genau an diesem Punkt appelliert Alexander Buhl an die Politik: „Die Polizei braucht dringend Nachwuchs. Trotz Schichtdienst ist die Arbeit erfüllend. Aber ganz so wie im ‚Tatort‘ ist der Alltag dann doch nicht.“