Unter jungen Klimaaktivisten genießen weiße „Männer im besten Alter“ nicht gerade den besten Ruf. Gelten sie doch als wenig interessiert an Umweltthemen, dafür umso mehr an Genuss und großen Autos, frei nach dem Motto: Nach mir die Sintflut. Für Vertreter der „Generation Greta“ wäre es vielleicht interessant gewesen, die knapp hundert Vertreter dieser Spezies auf dem 43. Männerstammtisch 50-Plus in Oberlenningen zu erleben. Denn die zeigten sich in der Diskussion mit dem grünen Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz bestens informiert über aktuelle Umweltthemen.
Nach dem Vortrag „Wie fit ist Baden-Württemberg für die Zukunft“ des prominenten Gastes ging es munter hin und her im Julius-von-Jan-Gemeindehaus. Die Themen Energiewende und Mobilität elektrisierten die Gäste im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei brachten die gestandenen Männer zwischen 50 und 50 plus den Politprofi auch mal in Erklärungsnot.
Der gab in seinem Vortrag erst mal die Richtung vor: Bis 2030 will Baden-Württemberg die Emissionen um 40 Prozent senken. „Wir wollen zeigen, dass wir es können“, sagte der Grünen-Politiker selbstbewusst und machte Werbung für die Politik seiner Partei: Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg gehören zusammen. So bekräftigt er den politischen Willen, dass das Elektroauto der Zukunft in Baden-Württemberg entwickelt werden soll. Und die Digitalisierung sei ohnehin „Chefsache“ bei der grünen Landesregierung. Dank dieser soll in Kombination mit weniger Emissionen bis 2030 ein Drittel der Autos klimaneutral unterwegs sein. Aber, und da unterscheidet sich Schwarz von einigen Parteikollegen, er sei „technologieoffen“: Das Elektroauto muss nicht die einzige Lösung sein, sondern der Mix aus E-Mobilität, Brennstoffzelle und synthetischen Kraftstoffen macht‘s.
Die Stammtischler fragten kritisch nach, blieben dabei aber immer sachlich. Manche TV-Talk-runde könnte sich ein Beispiel daran nehmen. Ob denn das Elektroauto überhaupt eine Zukunft habe, wenn die Batterieproduktion so viel C02 Verbraucher, wollte einer wissen. Schwarz widersprach nicht. „Wir müssen daran arbeiten, dass das E-Auto grüner wird“, räumte er ein. Recycling sei wichtig. Es sei auch im Interesse der Industrie, dass möglichst viele Teile der Batterien wieder verwertet werden können, um Rohstoffe einzusparen.
„Wir tragen als Einzelpersonen auch eine Verantwortung. Ich hätte längst ein E-Auto, aber allein die Leasingrate für die Batterie ist höher als mein Kraftstoffverbrauch“, sagte ein Teilnehmer. Ihm sei völlig unklar, ob und in welcher Höhe es Zuschüsse vom Staat geben würde. Am liebsten würde er mit der Sonnenenergie der Photovoltaikanlage auf seinem Hausdach die Autobatterie aufladen. „Aber es gibt keine technische Lösung dafür. Ich hätte gerne die Technologieschritte mitgemacht, aber es rechnet sich nicht“, bemängelte er und erntete spontanen Applaus.
„Ich kann Ihnen nicht sagen, wo und wie wir künftig die Batterien laden werden“, antwortete Andreas Schwarz. Vielleicht fände das auch an der Arbeitsstelle statt oder induktiv, also über Magnetspulen im Boden. Seine Message war: Keine Angst vor neuen Technologien.
Damit sprach er auch die Skepsis vor der Windkraft an. Die Abstandsregel mit dem Zehnfachen der Windrad-Höhe versteht Schwarz nicht. „Das ist strenger als bei jeder Autobahn. Das hat die Windkraft in Baden-Württemberg kaputt gemacht.“ Dass dabei viel Know-how verloren gegangen ist, ärgert den Kirchheimer besonders. Dennoch lautete seine - nicht unumstrittene - Message: „Es ist mittelfristig möglich, mit erneuerbarer Energie die Stromversorgung sicherzustellen.“ Auf die Frage, was denn mit der Dunkelflaute sei, also dem befürchteten Stromausfall bei fehlendem Sonnenlicht, wiegelte Schwarz ab: So dramatisch sei das nicht.
Auch die Brennstoffzelle war ein Thema der Diskussion. Schwarz erzählte, dass er schon mehrfach bei den Entwicklern der Brennstoffzelle für Mercedes in Nabern war und dort mehrfach gehört habe, dass man kurz vor dem Durchbruch sei. Im Mai fahre er mit einer Delegation nach Korea, um sich zu dem Thema auszutauschen. „Wir müssen zeigen, dass wir mehr können.“
Die Schlussfolgerung des Politikers: „Ich nehme mit, dass Sie wünschen, dass der Staat gegenüber der Industrie mehr Vorgaben machen soll.“ Das wolle er in den bevorstehenden Strategiediaolog mit den Autokonzernen einbringen. Man konnte es Andreas Schwarz ansehen, dass ihm der Dialog gefallen hat, auch wenn die älteren Herren ihn teilweise ganz schön ins Kreuzverhör genommen hatten. „Aber das war gut so“, betonte er. Sein Fazit lautet daher: Er wird wiederkommen.