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Wird das Hotel Erbschenk abgerissen?

Immobilie Sport Räpple in Wendlingen schließt zum Jahresende, das Hotel darüber macht ebenfalls zu. Den Eigentümer plagen Finanzsorgen. Von Philip Sandrock

Das Hotel in Wendlingens Stadtmitte ist nicht gerade ein Schmuckstück: Die Betonfassade setzt Moos an, die Holzverkleidung ist verwittert, die Werbetafeln haben ihre besten Tage hinter sich. Die Spielhalle im ersten Stock ist schon lange geschlossen. Zum Jahresende schließt die Firma Sport Räpple ihre Filiale im Erdgeschoss. Der Mietvertrag wurde dem Kirchheimer Sportartikelhändler im Sommer von der Eigentümerin gekündigt. Sie wohnt mit ihrem Mann im Hotel, Anfragen beantwortet er. Seine Frau ist ebenfalls Geschäftsführerin des Hotels. Doch auch das soll seine Pforten nun für immer schließen: „Wir werden den Hotelbetrieb einstellen“, sagt er. Denn der Betrieb stehe seit der Corona-Zeit praktisch still. Es gebe auch kein Personal mehr. Früher hätte das Hotel zehn Mitarbeiter beschäftigt, heute seien nur noch er und seine Frau da.

 

Das ist ein laufendes Verfahren, und dazu können wir nichts sagen.
Steffen Weigel
Wendlingens Bürgermeister zu den Steuerforderungen an den Eigentümer.

 

An der finanziellen Lage habe sich seit dem Sommer leider nicht viel geändert, sagt er. Es gebe immer noch offene Steuerforderungen in Millionenhöhe. Sowohl das Finanzamt als auch die Stadt Wendlingen forderten seit Jahren Geld von ihrer Firma. Bei der Stadt gibt man sich bedeckt: „Das ist ein laufendes Verfahren, und dazu können wir nichts sagen“, so Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel. Er fügt hinzu, dass der Fall die Stadtverwaltung schon seit vielen Jahren beschäftige.

Abriss macht keinen Sinn

Schon länger gibt es das Gerücht, dass das Gebäude verkauft und dann abgerissen werden soll. Das bestreitet der Eigentümer. „Ein Abriss wäre für mich die letzte Option.“ Es mache ökologisch und ökonomisch keinen Sinn. Zwar sehe das Hotel von außen derzeit nicht sehr ansprechend aus. Aber er und seine Frau hätten in den vergangenen Jahren in die Innenausstattung des Hotels investiert. Alle Zimmer bis auf zwei Badezimmer seien renoviert worden. Die Bausubstanz des Gebäudes sei nach wie vor gut. „Schauen Sie sich den Beton an, der ist in einem sehr guten Zustand“, sagt der Geschäftsmann. Es sei sogar statisch möglich, das Gebäude aufzustocken. Das mache eine Sanierung und einen Ausbau sogar noch interessanter.

Doch fehlt dem Ehepaar das Geld: Seit 2017 sei ihr finanzieller Spielraum wegen des Dauerkonflikts mit den Finanzbehörden beschränkt. Bereits im Sommer brachte er aber eine mögliche Lösung für den finanziellen Engpass ins Gespräch: Eine Immobilie in Pforzheim, die ebenfalls in Familienbesitz ist, stehe kurz vor dem Verkauf, sagte er damals. Gelinge es, dieses Objekt zu veräußern, könne man die Forderungen des Finanzamts und anderer Gläubiger bedienen. Dann stehe man beim Hotel Erbschenk wieder auf null. Nur: bisher sei noch kein Cent geflossen, sagt der Geschäftsmann. Das Gebäude in Pforzheim sei zwar verkauft, doch habe der Käufer bislang nicht bezahlt. Mitte Oktober sollte der Kaufpreis bezahlt werden, erzählt er, doch sei der Deal wegen der Haushaltskrise in Deutschland ins Stocken geraten.

Dem Käufer fehle noch das Geld aus Fördermitteln der KfW, erläutert er. Diese lägen wegen der Haushaltssperre in Berlin auf Eis. Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hatte am 15. November entschieden, dass das 60-Milliarden-Euro-Sondervermögen des Bundes nicht zulässig ist. Seitdem versucht man in Berlin händeringend, die Finanzlöcher zu stopfen. Betroffen davon sind auch viele Förderprogramme des Bundes. Solange kein Geld aus dem Verkauf fließt, könne man auch in Wendlingen nichts machen. Möglicherweise steht also auch das Wendlinger Hotel vor dem Verkauf. Das sei auch der Grund gewesen, warum vorsorglich der Mietvertrag mit Sport-Räpple gekündigt wurde. Ein möglicher Käufer werde die Immobilie entweder komplett sanieren oder abreißen und durch einen Neubau ersetzen, mutmaßt der Wendlinger Unternehmer.

Er und seine Frau hätten bereits seit Jahren Pläne für einen Umbau in der Schublade. Sie sehen eine umfassende Sanierung des Gebäudes und einen Umbau, beispielsweise in altersgerechte Wohnungen, vor. Es sei alles vorhanden: ein Aufzug, die Zuschnitte der Hotelzimmer, die sich in seniorengerechte Kleinwohnungen umbauen lassen. Die Fassade könnte umgestaltet werden und mit Fotovoltaik Strom erzeugen, sagt er. Ob es dazu kommt, ist allerdings offen. Denn es ist zu hören, dass eine Zwangsversteigerung des Gebäudes bereits beantragt worden sein soll. Bislang gebe es dafür allerdings noch keinen Termin.