Die „Süddeutsche Zeitung“ veröffentlichte vor einiger Zeit eine Deutschlandkarte, auf der eingezeichnet ist, wo eine erhöhte Konzentration von Chemikalien aus der Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS, früher PFC) gemessen wurde. Genaue Stellen werden nicht benannt, es ist nur zu erkennen, dass auch der Landkreis Esslingen betroffen ist.
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Wo befinden sich die Verunreinigungen, woher kommen sie und was wird dagegen unternommen?
Das Umweltschutzamt des Landkreises Esslingen teilt mit, dass es aktuell drei Stellen mit größeren PFAS-Konzentrationen an zwei Standorten im Kreis gibt. Sie befinden sich teils noch in der Erkundungsphase, aber auch schon in der ersten Stufe der Sanierung. Dazu wurde eine Anlage zur Reinigung von Oberflächenwasser installiert. „Beide Standorte betreffen ausschließlich Boden-Grundwasser/Oberflächengewässer. Ursache für die Verunreinigungen ist in erster Linie die Anwendung von Löschschäumen, in denen diese Stoffe verwendet wurden“, so die Antwort aus der Pressestelle des Landratsamts. Die Standorte sind alle am Flughafengelände. „Am Stuttgarter Flughafen wird ein durch Löschschäume mit PFAS kontaminiertes Gelände behandelt.“
Flughafenfeuerwehr nutzte PFAS
Eine Sprecherin des Flughafens erläutert Näheres: „PFAS waren, bevor gesundheitliche Bedenken zu den Chemikalien aufkamen, standardmäßig in Löschschäumen vorhanden. Solche Löschschäume wurden am Stuttgarter Flughafen auch von der Flughafenfeuerwehr eingesetzt, als sie noch zugelassen waren. Messungen am ehemaligen Löschübungsbecken des Flughafens zeigten, wie erwartet, dass die PFAS-Konzentration dort erhöht war.“
Eine erhöhte PFAS-Konzentration wurde außerdem an einer Stelle auf dem Gelände der US Army am Flughafen Stuttgart identifiziert. Peter S. Faber, Public Affairs Specialist der United States Army Garrison Stuttgart, erklärt: „Wir glauben, dass die wahrscheinlichste Quelle für die Mehrheit der PFAS-Kontamination am Flughafen von der Verwendung von sogenannten Aqueous Film-Forming Foam (AFFF) stammt, die zur Bekämpfung von Treibstoffbränden eingesetzt wurden. Sie wurden von den Feuerwehrleuten der U.S. Army am Flughafen für Schulungszwecke regelmäßig genutzt, bis die Substanzen verboten wurden.“ Die U.S. Army habe derzeit ein laufendes Projekt, bei dem ein Pumpen- und Behandlungssystem in der Nähe eines Standorts am südlichen Ende des Flughafens in der Nähe des Katzenbachs installiert wird.
Die Army setzt Untersuchungen fort
Laut Faber soll dieses System in den kommenden Monaten installiert werden. Ferner setze die Army ihre Untersuchungen an anderen Stellen rund um das Flugfeld fort. „Wir arbeiten eng mit unseren deutschen Kollegen zusammen. Weitere Maßnahmen zur Minderung der Auswirkungen werden auf den Ergebnissen der laufenden Umweltuntersuchung und deren Input basieren.“
Die deutschen Kollegen sind bereits tätig geworden. Im Jahr 2016 habe der Flughafen laut Pressestelle eine Behandlungsanlage in Betrieb genommen, die das Wasser in der Umgebung des Areals filtert. Die Anlage reinige mit Aktivkohlefiltern Niederschlagswasser, sodass die Substanz nicht durch Ober- und Sickerwasser weiter verteilt werde. Weil sich PFAS nur äußerst langsam abbauen, werde das Aufbereitungsverfahren den Flughafen Stuttgart voraussichtlich noch lange Zeit beschäftigen. Von Anfang an habe die Flughafengesellschaft eng mit den fachlich zuständigen Stellen und Ämtern zusammengearbeitet. „Seit ihrem EU-weiten Verbot setzt die Flughafenfeuerwehr zur Brandbekämpfung neben Wasser ausschließlich fluorfreie Schaummittel ein, die keine PFAS beinhalten“, so die Pressestelle.
Ist überall, wo Großbrände stattgefunden haben, mit Verunreinigungen durch PFAS zu rechnen? „Es kommt darauf an, ob es bei einem Großbrand notwendig ist, Löschschaum einzusetzen. Derzeit enthalten viele Feuerlöschschäume noch PFAS. Das Umweltbundesamt empfiehlt – wo möglich – Alternativen zu nutzen“, schreibt die Pressesprecherin der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Seit 2011 werden PFAS-haltige Schäume in der EU stufenweise verboten. Ab Juli 2025 ist jegliche Verwendung verboten. Laut Andrea Wangner, Pressesprecherin des Esslinger Landratsamtes, verwenden die Feuerwehren im Kreis Esslingen keine PFAS-haltigen Löschschäume mehr.
Einsatz in der Papierindustrie
Neben den Löschschäumen, die mit PFAS kaum noch eingesetzt werden, finden sich diese Stoffe in Alltagsgegenständen wie Kleidung, Schuhen, aber auch Coffee-to-go-Bechern, Pizzakartons oder Pfannenbeschichtungen. „Seitens der EU werden zurzeit umfangreiche Verbote zum weiteren Einsatz dieser Stoffe angestrengt“, so die Mitteilung aus dem Landratsamt.
PFAS kommen oft bei der Papierherstellung zum Einsatz. So wurden im Landkreis Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden ab 2013, im Stadtkreis Mannheim ab 2015, großflächige Verunreinigungen von Ackerflächen, Grund- und Oberflächenwasser mit der Schadstoffgruppe der PFAS festgestellt. Die großflächigen Verunreinigungen im Badischen werden auf Schlämme aus der Papierherstellung zurückgeführt, die als Düngemittel ausgebracht wurden.
Gibt es rund um die Papierfabrik Scheufelen in Lenningen erhöhte PFAS-Konzentrationen? „Nach unserem Kenntnisstand besteht auf dem Scheufelen-Areal keine PFAS-Problematik“, schreibt Andrea Wangner. Laut Pressestelle des Esslinger Landratsamtes gibt es demnach keine Anhaltspunkte für großflächige Belastungen, wie im Raum Rastatt. „Daher liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, ob Menschen von den Stoffen geschädigt worden sind“ so Wangner.
Was sind PFAS und wo kommen sie vor?
PFAS steht für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Diese werden ausschließlich industriell hergestellt. Es handelt sich um fluorierte organische Verbindungen, die aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften vielfältig in der Industrie, in Löschschäumen und in einer Vielzahl an Verbraucherprodukten wie zum Beispiel antihaftbeschichtete Kochgeschirre eingesetzt werden.
In der Umwelt werden PFAS praktisch nicht abgebaut, weil sie außerordentlich stabil sind. Deshalb lassen sie sich mittlerweile in Spuren überall in der Umwelt nachweisen, auch in industriefernen Gebieten auf der ganzen Welt. So wurden sie etwa in der Leber von Eisbären, in Muttermilch und im Blut nahezu aller Menschen nachgewiesen. Sie können sich in Böden, Gewässern, Pflanzen, Tieren und Menschen anreichern. Einige PFAS sind leicht wasserlöslich und können im Boden und Grundwasser weiterverfrachtet werden.
Einige PFAS stehen laut der Europäischen Umweltagentur im Verdacht, die Leber zu schädigen, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen und krebserregend zu sein. Näheres zu diesen Stoffen findet man auf den Seiten der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg oder auf den Seiten des Nabu. bg