Einmal im Jahr herrscht in Neuffen der Ausnahmezustand, und die Stadt am Rande der Schwäbischen Alb bekommt ein besonderes Flair: Es ist laut und es riecht nach Benzin. Beim Bergpreis, der in diesem Jahr zum dritten Mal stattfand, war die ganze Stadt auf den Beinen. Oder besser gesagt auf Rädern. Nämlich auf 400 Rädern der rund 100 Rennwagen, die in Neuffen Rennatmosphäre mit Tradition schafften.
So zum Beispiel der Lamborghini Gallardo aus dem Baujahr 2013. Dieses seltene Fahrzeug - es gibt nur noch 400 Stück - bringt satte 320 Kilometer Spitzengeschwindigkeit auf die Straße und beschleunigt in 3,5 Sekunden von null auf hundert. Allerdings entwickelt der Bolide dabei auch einen ordentlichen Durst. 16 Liter pro 100 Kilometer schnorcheln durch die Zylinder, wenn das Biest fauchend seine Urgewalt entwickelt, mit einer Beschleunigung, die den Piloten förmlich in den Sitz presst, selbst auf der Bergstrecke Richtung Hohenneuffen. Rennfahrer raten: „Dieses Auto muss man mit Hirn fahren, weil es so schnell ist.“ Für Fahranfänger sei der Lamborghini Gallardo jedenfalls nicht geeignet.
Mit Salamitaktik auf den Berg
Vor fast 40 Jahren fand das letzte Bergrennen in Neuffen statt. Doch der Motorsport ist in Neuffen in der DNA der Bevölkerung tief verankert. Selbst Bürgermeister Matthias Bäcker liebt den Benzingeruch und die knatternden Motoren. „Früher in der Pfalz gab es die Bergrennen auch, und als ich nach Neuffen kam und vom einstigen Bergrennen hörte, wollte ich dieses in der Stadt wieder aufleben lassen.“
Ein Rennen wie vor 40 Jahren wird es aber kaum in einer neuen Auflage geben, wie Bäcker erläuterte. „Das Ziel ist es, wieder auf den Berg zu fahren.“ Klein anfangen und immer etwas größer werden, lautet die Devise. Das zeigt auch der neue Rundkurs durch Neuffen, der mittlerweile auf 1,4 Kilometer angewachsen ist.
Auch Organisator Stephan Allgöwer sieht es als realistisch an, dass in rund drei Jahren mit einer Gleichmäßigkeitsfahrt die Bergstrecke wieder absolviert werden kann. Von der Begeisterung der Stadt ist er überwältigt. „Alle helfen mit, und es werden kaum Steine in den Weg gelegt, wenn wir den Bergpreis organisieren.“ Allgöwer freut sich, dass in diesem Jahr rund 30 Rennwagen mehr am Rundkurs teilnehmen. „Wir müssen immer noch viele ablehnen, denn zum Bergpreis lassen wir nur Fahrzeuge mit einer besonderen Geschichte oder von bekannten Fahrern zu.“
Stephan Allgöwer leitet ein Team von 15 Leuten und ist glücklich: „Jeder hat seine Aufgabe bei der Organisation des Bergpreises. Wir sind ein eingespieltes Team.“ So trafen sich am Sonntag die Rennpiloten in Neuffen und zeigten bei zwei Schauläufen, was ihre Rennboliden so unter der Haube haben.
Die rund 10 000 Besucher spendeten viel Beifall und ließen sich von den Moderatoren Rainer Braun, Iris Goldack und Angela Söhngen in die Geheimnisse des Rennsports einweihen. Allen voran konnte Rainer Braun, ehemaliger DTM-Sprecher, viel aus dem Nähkästchen plaudern. Tourenwagen, GT-Fahrzeuge und Formel-Rennwagen gaben sich ein Stelldichein in Neuffen. Viele Liebhaberautos waren zu sehen, wie zum Beispiel Fahrzeuge der NSU oder von Porsche. Der Regen kam pünktlich zur Mittagspause, und pünktlich zum zweiten Lauf klärte sich der Himmel wieder auf.
Cobra zischt durch Neuffen
Während sich Rainer Braun und der jetzige DTM-Fernsehmoderator Oliver Sittler noch über alte Rennzeiten unterhielten, machten sich die Rennwagen bereit zum zweiten Lauf. Mit dabei auch eine Cobra. Dieser britische Rennwagen wurde einst mit einem Sechszylindermotor gebaut und später dann mit einem Ford-V8-Motor ausgestattet. Rund 500 Pferdestärken verleihen dem 1000 Kilogramm schweren Gefährt eine enorme Kraft und einen satten Sound. Allerdings hat die Schlange unter den Rennwagen auch Macken. Die Aerodynamik sei daneben, behaupten Rennpiloten. „Auf einer normalen Straße wird eine rasante Fahrt schwierig, da das Fahrzeug anfängt zu ruckeln“, meint einer der Besitzer. Die Cobra sei halt nur für Rennstrecken geeignet. Nicht zuletzt deswegen habe sie vor Jahren mehrere 24-Stunden-Rennen in Le Mans gewonnen. Trotzdem - auch wenn der Flitzer keine idealen Voraussetzungen für den Rundkurs in Neuffen mitbrachte - beim Publikum erntete der Brite beim Bergpreis viel Applaus.