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Zu laut, zu schnell, verrostet

Sicherheit Die Polizei hat im Tiefenbachtal bei Nürtingen fast 100 Motorradfahrerinnen und -fahrer kontrolliert. Bei der Hälfte der Bikes und bei 20 Pkw hatten die Beamten am Sonntag etwas zu beanstanden. Von Gabriele Böhm

Die Papiere bitte!“, hieß es am Sonntag auf einem Parkplatz im Tiefenbachtal. Es ist das Einfallstor zur Schwäbischen Alb, zur Neuffener und Beurener Steige und zum Lenninger Tal – alles Strecken, die von Motorradfahrern gerne genutzt werden. Dadurch werden sie allerdings auch zu Unfallschwerpunkten. Deshalb gibt es dort regelmäßig große Kontrollen zur Verkehrsüberwachung. 25 Polizistinnen und Polizisten der Verkehrspolizei-Inspektion Tübingen mit den Außenstellen Esslingen, Tübingen und Balingen waren nun im Einsatz.

Auf der Straße waren Kegel und Signalleuchten aufgestellt, die die motorisierten Fahrerinnen und Fahrer zum Drosseln des Tempos veranlassten. Polizeioberkommissarin Staib winkte alle Motorräder und auch verdächtige Pkw mit Roststellen, abstehenden Teilen oder lautem Auspuffgeräusch hinaus auf den Parkplatz. Hierhin wurde auch gebeten, wer weiter oberhalb im Tiefenbachtal von einer Tempokontrolle erfasst worden war. Dies kam 14-mal vor.

Auch Motorradstreifen waren unterwegs, die zwölfmal wegen Missachtung des Durchfahrtsverbots an der Neuffener Steige einschreiten mussten, wie Polizeisprecherin Tina Rempfer am Abend mitteilte. Dreimal war zudem kein Gurt angelegt worden.

Einmal muss die Weiterfahrt verboten werden

Auf dem Parkplatz an der Kreisstraße warteten Polizeibeamte, die die Biker und ihre Maschinen genau unter die Lupe nahmen. „Dabei geht es um Alkohol- und Drogenverdacht sowie Müdigkeit – eben alles, wodurch keine Fahrtauglichkeit mehr besteht“, erläuterte Einsatzleiter Joseph Schipp. Kontrolliert wurden auch Führerscheine, Fahrzeugscheine und Berechtigungen für die verschiedenen Fahrerlaubnisklassen.

Beim Motorrad selbst wurden der Zustand der Reifen, die TÜV-Plakette und Veränderungen am Fahrzeug überprüft oder eine Geräuschpegelmessung vorgenommen. In einem Fall wurde die Weiterfahrt eines Pkw untersagt. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um den Geräuschpegel zu erhöhen, zum Beispiel die Manipulation an der Abgasanlage“, so Schipp. „Wenn das Fahrzeug zu laut und außerdem noch die Verkehrssicherheit gefährdet ist, erlischt die Verkehrserlaubnis“, erläuterte Polizeioberkommissarin Kim Schweikert. In einem Fall wurde die Weiterfahrt untersagt, der Pkw wurde zur Dekra abgeschleppt. Neben 90 Euro Strafe kommt da auch ein Punkt aufs Konto in Flensburg. Viermal wurde wegen Manipulation am Fahrzeug nur noch die Weiterfahrt bis zur nächsten Werkstatt erlaubt. „Das ist natürlich nicht schön, aber die Sicherheit geht vor.“

Im Gesamtpräsidium Reutlingen mit den vier Landkreisen Esslingen, Tübingen, Reutlingen und Zollernalb hatten sich 2022, so Polizeisprecher Michael Schaal, 479 Unfälle mit Motorradfahrern ereignet. Es gab vier Tote, 129 Schwer- und 263 Leichtverletzte. „Um so etwas zu verhindern, führen wir die Kontrollen durch“, so Schaal. Vielfach gab es längere Gespräche, denn auch die Beamtinnen und Beamten sind größtenteils Motorradfahrer und haben Verständnis für deren Belange.

Nie mehr ohne Schutzkleidung

Die Bikerinnen und Biker haben sich in den meisten Fällen kooperativ gezeigt und befürworteten die Kontrollen. „Ich finde es gut, dass man die schwarzen Schafe rauszieht, die uns anderen das Leben schwermachen, weil sie Vorurteile befördern“, sagte ein Fahrer aus Nürtingen. Tiefenentspannt war auch Udo Eisinger aus Lindorf, der auf einer KTM 59 Adventure unterwegs war. „Ich weiß, dass alles in Ordnung ist“, meinte er. Ein bisschen etwas, so Ulrich Bentsche aus Nürtingen, habe er an seiner Harley Davidson Dyna Super Glide machen lassen, doch alles sei vom TÜV genehmigt und in die Betriebserlaubnis eingetragen. Für einen Fahrer aus Zizishausen war es seit Monaten die erste Fahrt. Im Juli 2022 war er, nur mit T-Shirt und kurzer Hose bekleidet, von der Straße abgekommen. Doppelte Brüche an Schlüsselbein und Schulterblatt waren das Ergebnis. Zudem waren sieben Rippen gebrochen, die Lunge zusammengefallen. „Seitdem weiß ich, wie wichtig die Schutzkleidung ist“, betonte er und fährt auch nur noch mit Airbag.