Als Roswitha Haselbeck nach ihrer Ausbildung an der Fachhochschule Stuttgart und bei der Gemeinde in Altbach 1984 im Holzmadener Rathaus unter Bürgermeister Jürgen Berner anfing, war sie noch das „Fräulein“: Denn damals spielte es noch eine Rolle, ob eine junge Frau verheiratet war oder nicht. „Ich sah das nicht so. Ich hab in der Korrespondenz junge erwachsene Frauen auch als „Frau“ angeschrieben“, sagt sie. Und prompt bekam sie Besuch von der Mutter: „Die hat sich beschwert und gefragt, was das sollte. Ihre Tochter sei doch noch gar nicht verheiratet“, erzählt sie lachend.
Mann fürs Leben getroffen
Es scheint eine andere Welt vor 38 Jahren gewesen zu sein. Mit dem gestrigen Tag hat ihr Ruhestand begonnen, aber noch kann Roswitha Haselbeck es selbst nicht glauben, dass so viele Jahre vergangen sind. Vier Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hat sie als Hauptamtsleiterin erlebt, angefangen mit Schreibmaschine und drei Durschlägen („Wehe, man hat einen Schreibfehler gemacht!“) hat sie die weitgehende Digitalisierung der Verwaltung mitgemacht, die Vergrößerung der Gemeinde von 1600 auf 2300 Einwohner und die Breitbandversorgung des Ortes begleitet.
Und ganz nebenbei noch den Mann fürs Leben kennengelernt. Im Holzmadener Rathaus war sie nämlich dafür zuständig, mir ihrem Charme den Fotografen des Teckboten dazu zu bringen, die Fotos fürs Gemeindeblättle „schnell noch mit zu entwickeln“. Der viel beschäftigte Monsieur Jacques hätte anderen wohl einiges gebrummelt ob dieser Extrawurst. Bei „Fräulein“ Haselbeck machte er gerne eine Ausnahme.
„Es war eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit und hat mir immer Spaß gemacht“, sagt sie. Da sie auch gewissenhafte Schriftführerin im Gemeinderat war, ist es für sie stets eine Selbstverständlichkeit gewesen, ihren Urlaub nach den Sitzungen auszurichten. Auch an ihre letzte Sitzung im vergangenen Juni nahm sie selbstverständlich teil, auch wenn sei dort nicht mehr Protokoll führen musste und eigentlich auch noch Geburtstag hatte.
Von Archiv bis Seelsorge
Doch dieses Mal ging es vor allem um sie, die eigentlich gar nicht so gerne im Mittelpunkt steht, sondern lieber im Hintergrund agiert. Aber Bürgermeister Florian Schepp wollte es sich nicht nehmen lassen, seine scheidende Hauptamtsleiterin zu verbschieden – und von Gemeinderat Rainer Stephan gab es eines seiner legendären Gedichte. „Ich habe mir mal zum Spaß die Jahrgangsliste der aktuellen Gemeinderäte angeschaut, das ist bei vielen ein Merkel-Effekt – die kennen seit ihrer Geburt nur Sie als Hauptamtsleiterin!“, sagte der Schultes.
Seinem Lob ist eigentlich nichts hinzuzufügen: „Seelsorgerin, Diplomatin im Auftrag des Bürgermeisters, Sie waren ein Fels in der manchmal auch stürmischen Rathaus-See, Sie waren das Rathausarchiv und Ansprechpartnerin für die Bevölkerung, die Kolleginnen und Kollegen, für unsere Geschäftspartner, andere Behörden und den Gemeinderat.“ Und so bekam Roswitha Haselbeck auch noch die Verdienstmedaille der Gemeinde Holzmaden in Silber für ihren jahrzehntelangen Einsatz zum Wohle des Ortes. Die – das hat der Schultes noch einmal betont – besitzen außer ihr nur drei weitere lebende Holzmadener Bürgerinnen und Bürger.
Dabei hat die gebürtige Esslingerin trotz enger Verbundenheit zum Ort nie in Holzmaden gewohnt. „Das kann manchmal von Vorteil sein, wenn man von außen kommt und nicht in alles involviert ist. Die Neutralität hat es mir leichter gemacht“, sagt sie mit ihrem diplomatischen Humor, den so viele an ihr schätzen. Aber die Einwohner hätten es ihr von Anfang an leicht gemacht, sich im Rathaus wohlzufühlen, betont sie.
Aus dem netten Fräulein im kleinen Büro im Erdgeschoss des Rathauses ist mittlerweile Frau Haselbeck geworden, die sich mit ihrem Ehemann Jean-Luc Jacques nun auf eine lange Reise freut, die sie ganz unabhängig vom Termin für die nächste Gemeinderatssitzung planen kann: Der Wohnwagen für die Camping-Tour durch Frankreich ist bereits bestellt. Und dort wird sie bestimmt das eine oder andere Glas Rotwein auf Holzmaden trinken und die 38 Jahre im Holzmadener Rathaus zurückdenken, die „wie im Flug“ vergangen sind.