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Zustimmung für ein neues Wohn- und Geschäftshaus

Bauen In der Notzinger Ortsmitte soll ein neues Wohn- und Geschäftshaus entstehen. Der angepassten Entwurfsplanung hat der Gemeinderat jetzt mehrheitlich zugestimmt. Nächster Schritt ist die Beantragung der Baugenehmigung durch den Investor. Von Katja Eisenhardt

Auf dem gemeindeeigenen Flurstück 207 Ecke Ötlinger Straße/Hochdorfer Straße vis-à-vis zu den Geschäften soll ein Gebäude mit acht Wohnungen, einem neuen Domizil für die örtliche Zahnarztpraxis sowie einem Bäckerei-Café entstehen. Geplant wurde der Entwurf dazu vom Kirchheimer Büro Kiltz Kazmaier Architekten. Ein Kinderspielplatz ist gemäß den aktuellen Baurechtsvorgaben ebenfalls vorgesehen und ein bauwilliger Inves­tor wie bereits berichtet gefunden.

Er kann aufgrund der mehrheitlichen Zustimmung des Gemeinderats zum Bauentwurf nun eine Baugenehmigung beantragen. Bei der letzten Vorstellung im Oktober bekam Architekt Bertram Kiltz noch ein paar Änderungswünsche mit auf den Weg, die jetzt eingearbeitet sind: So wurden die vormals 16 Stellplätze auf 18 erhöht. Dazu sind schon immer 24 Fahrradstellplätze geplant. Aufgenommen wurde zudem der Vorschlag, dass die Einfahrt zum Parkplatz von der Hochdorfer Straße aus erfolgt und die Ausfahrt über die Ötlinger Straße. Dafür muss der Bordstein im Bereich der Bushaltestelle in der Hochdorfer Straße teils abgesenkt werden, der Bus parkt aber weiter vorne, sodass ein barrierefreier Zustieg bestehen bleibt.

Hochwasserschutz gewährleistet

Ein weiterer zentraler Punkt, gerade auch was die Bedenken der Anlieger angeht, ist die Hochwassergefahr, da das Grundstück im gefährdeten Gebiet liegt. Ein entsprechendes Gutachten wurde erstellt und die Bebaubarkeit bestätigt. Geschaffen werden sollen dafür ausreichende Retentionsflächen, sowohl auf dem Grundstück selbst als auch außerhalb des Ortes. Auf dem Grundstück entsteht laut Bertram Kiltz durch den Neubau ein Retentionsraumverlust von rund 22 Kubikmetern, dafür werde dort eine Ausgleichsfläche von rund 26 Kubikmetern geschaffen. Das werde alles nochmals im Zuge der Baugenehmigung geprüft.

Eingeplant ist außerdem eine Mauer zum Schutz der Anwohnergrundstücke, deren Kosten der Investor trägt – ein Punkt, den auch der Gemeinderat anregte. „Man muss die Ängste und Bedenken der Anwohner sehr ernst nehmen und das Gespräch suchen“, betonte Hans Prell (UKW). Und ja, das Gebäude sei, gemessen an den auf derselben Seite liegenden, höher, „vermutlich rechnet es sich aber für einen Investor nicht, wenn er auf zwei Wohnungen verzichten müsste“. Prell regte an, sich zumindest bei der optischen Gestaltung noch mehr am Ortsbild zu orientieren. Martin Böbel (CDU) wies in Sachen Hochwasserschutz für die Flurstücke 207 und 209 zudem auf den erhöhten Bordstein hin und merkte an, dass im Falle der Parkplatzeinfahrt über die Hochdorfer Straße der zweite Schacht im Grenzbereich der Grundstücke erhalten bleiben sollte.

Im Gemeinderat sprach sich die Mehrheit für eine Bebauung des Grundstücks mit dem geplanten Mix aus Wohnraum, Arbeitsplätzen und einer Verbesserung der Infrastruktur mit dem Erhalt der Zahnarztpraxis im Ort sowie einer Bäckerei samt Café aus. Alternativ das Grundstück nur als Parkplatz oder mit Aufenthaltsfläche zu gestalten, wurde als nicht sinnvoll angesehen. „Wenn jemand im Frühjahr und Sommer ins Grüne sitzen will, dann eher nicht an dieser Stelle. Ein Café macht da deutlich mehr Sinn und das das ganze Jahr über“, sagte etwa Helmut Langguth (SPD). Rudolf Kiltz (SPD) wies auf die Synergieeffekte für die gegenüber liegenden Geschäfte hin: „Wir müssen das Leben und die Infrastruktur im Ort halten.“ Alfred Bidlingmaier (CDU) betonte, man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und auch alle Alternativvorschläge für das Grundstück wie etwa ein Greenparking diskutiert. Das sei letztlich mehrheitlich nicht weiterverfolgt worden. „Wohnen und Arbeiten am Ort ist das Ziel, ebenso wie die Verbesserung und der Erhalt der Nahversorgung“, so Bidlingmaier.

Vera Morlok (UKW) konnte sich nicht recht mit der Größe des geplanten Neubaus anfreunden: „Ich bin hin- und hergerissen. Das Grundstück soll bebaut werden, und es ist positiv, dass unsere Anregungen eingearbeitet wurden, aber mir ist das noch zu wuchtig.“ Sie stimmte schließlich gegen den Entwurf, ebenso wie Ulrich Blattner (SPD), der „prinzipiell nichts gegen die Multifunktionsbauweise hat“, sich aber zum Beispiel Gedanken machte, ob eine zweite Bäckerei zu der bestehenden im Bonus-Markt in unmittelbarer Umgebung schaden könnte. „Wir wollten ja eigentlich ein Gesamtkonzept für die Ortsmitte, das ist jetzt wieder Stückwerk“, so Blattner. Sven Haumacher gab zu bedenken, dass man Gelegenheiten allerdings auch nutzen müsse, wenn sie sich, wie jetzt im Falle des Wohn- und Geschäftshauses, dank eines Investors böten.

 

Die Arche kritisiert das Bauprojekt 

Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung hatte der Vorstand des ARCHE-Wohnverbunds, deren Gebäude sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite befinden, über das Notzinger Mitteilungsblatt mehrere Bedenken und Fragen zur geplanten Bebauung geäußert. Zentrale Themen waren dabei die befürchtete Verschlechterung der Parkplatzsituation, die Größe des Neubaus sowie eine dadurch befürchtete verstärkte Hochwassergefahr. Dazu fehlt der ARCHE ein Gesamtkonzept für die Ortsmitte.

Sven Haumacher wies in der Sitzung darauf hin, dass der mehrere Jahre alte Neubau der ARCHE hinter dem ehemaligen Hirsch-Gebäude, ebenfalls im Hochwassergefährdeten Gebiet liege und flächenmäßig auch sehr groß sei. Eine gesetzliche Vorgabe für die Schaffung einer Retentionsfläche habe es zum damaligen Zeitpunk noch nicht gegeben. Das Wasser werde von dem Gebäude aber genauso verdrängt, wie es jetzt beim geplanten Neubau befürchtet werde.

Der Anmerkung Sven Haumachers, die ARCHE habe damals nicht ausreichend Stellplätze geschaffen, widerspricht der Vorsitzende des Trägervereins Wolfgang Kalmbach: "Unsere Parkplätze wurden beim Neubau nach gesetzlichen Vorgaben neu berechnet und erstellt. Bei unserem Baugesuch 2019 mussten laut Gesetz fünf Stellplätze nachgewiesen werden. Vorhanden sind neun, wir haben also zusätzlich vier Parkplätze erstellt. Ebenso gab es ein Bodengutachten, wir haben alle damals gültigen Vorgaben eingehalten." Für den Neubau habe es nach dem damals gültigen Wasserhaushaltsgesetz keine Vorgaben für eine Retentionsfläche gegeben, betont Kalmbach. eis