Wenn Opa und Oma auf ihrer eigenen Terrasse sitzen, genießen sie die Ruhe. Leni (9) und Jule (5) wissen das und lassen ihre Großeltern dann allein; sie haben genug andere Plätze zum Spielen. „Zusammen und doch getrennt, das war oberstes Gebot“, sagt Gabi Straub: Sie und ihr Mann Manfred haben 2018 zusammen mit ihrer Tochter Carolin Hohler und deren Mann Moritz gebaut – und das in Schlattstall, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.
Es kommt öfter vor, dass drei Generationen zusammenwohnen; in diesem Fall war es eine ganz bewusste Entscheidung. Die Jungen, damals gerade zum ersten Mal Eltern geworden, wollten gern bauen. Die Senioren, die in einem Einfamilienhaus lebten, wollten sich verkleinern. So stand die Idee im Raum, beides zu verbinden. Wobei Schlattstall keine Notlösung, sondern erste Wahl war, wie Carolin betont: Sie und ihr Mann, beide aus dem Restaurant- und Hotelfach, kannten das Gasthaus Hirsch, das Dorf und seine Gemeinschaft. Genau da wollten sie hin. Auch die Eltern konnten sich das gut vorstellen. „Und diese Generationengeschichte reizt mich sowieso“, sagt Gabi Straub. Gemeinsam haben sie auf dem zehn Ar großen Grundstück ein größeres und ein kleineres Haus geplant, von einer Holzbaufirma umsetzen lassen und einen Großteil des Innenausbaus selbst gemacht.
Ein Auto ist ein Muss
Natürlich hat das Dorfleben auch Nachteile. „Du brauchst halt ein Auto“, räumt Gabi Straub ein. So musste bisher jemand aus der Familie Jule nach Gutenberg in den Kindergarten fahren, denn in Schlattstall gibt es keinen. Aber wenn sie jetzt in die Schule kommt, wird sie wie ihre große Schwester den Schulbus nutzen, und auch der Fahrradradius wächst mit jedem Jahr. Leni geht regelmäßig zum Leistungsturnen nach Hülben. „Da haben wir Fahrgemeinschaften mit anderen Eltern aus dem Lenninger Tal“, erklärt ihre Mutter. Dass sie mal mit dem Auto einkaufen oder zum Arzt fahren müssen, werde durch die kurzen Wege in die Natur ausgeglichen.
In die Natur zieht es alle Familienmitglieder häufig. Manfred Straub kommt gerade mit Jule aus dem Wald zurück. Jetzt warten im Garten die Holzpferde Karotte und Rübe, und auf der Treppe liegt Kater Carlos.

Der Opa sucht derweil nach dem luftigsten Platz, den er an diesem heißen Tag finden kann. Auf dem Grundstück, das die beiden Häuser einrahmt, gibt es zahlreiche Plätze, um sich niederzulassen: Liegestühle, einen Betonsockel, Baumstammhocker, eine Terrasse mit einer Sitzstufe, auf der einige Gäste Platz haben. Und die gemeinsame Sitzecke im überdachten Durchgang zwischen den Häusern, schattig und luftig im Sommer, trocken bei Regenwetter. Hier trifft man sich, drei Schritte von der jeweiligen Haustür entfernt, wenn man Lust auf Gemeinschaft hat – „und sonst hat man ja seine eigene Terrasse“, sagt Carolin Hohler. Die eigene Haustür und Rückzugsräume zu haben, das war eine Grundvoraussetzung für das Projekt. Auch im Garten gibt es verschiedene Zonen – Schaukel und Turnstange, Sandkasten und ein Wiesenstück, auf dem die Kinder gern spielen, sind auf dem Grundstück weit weg von der Terrasse der Senioren.
Jeder unterstützt jeden
Trotzdem muss das Miteinander- und Getrenntsein ausbalanciert werden. Man müsse auch Nein sagen können, sagt Gabi Straub, außerdem sei ein offener Umgang miteinander wichtig. „Wenn jemandem etwas nicht passt, muss man es gleich zur Sprache bringen“, ist sie überzeugt. „Wir sagen halt immer alles so, wie wir es denken.“
Als ihre Tochter in den vergangenen Jahren eine zweite Ausbildung zur Erzieherin absolviert hat, war die Unterstützung durch die Eltern besonders wertvoll. Gleichzeitig ist allen bewusst, dass sich das Verhältnis jederzeit umkehren kann und irgendwann die ältere Generation Unterstützung durch die Jüngeren brauchen kann. Das sei normal und richtig so.