Dreister Diebstahl
Zwei Königinnen entführt

Ein Unbekannter hat in Wernau wiederholt die Bienenvölker eines Imkers heimgesucht. Der kuriose Insektendiebstahl beschäftigt nun die Polizei, die auf Hinweise aus der Bevölkerung hofft.

Der Imker Gerhard Bredschneider will sich sein Hobby durch den zweifachen Diebstahl nicht madig machen lassen. Foto: Philipp Braitinger

Der Schock sitzt immer noch tief: Gleich zweimal wurde dem Wernau­er Hobby-Imker ­Gerhard Bredschneider zwischen dem 2. und dem 4. Juli eine Bienenkönigin gestohlen. „Es ist eine Straftat“, macht der Bienenzüchter klar, der seine kleine Imkerei seit 16 Jahren betreibt. Derzeit hat er zehn bis zwölf Völker. Durchschnittlich erzeuge er rund 20 Kilogramm Honig pro Jahr. Sein Bienenstand befindet sich in der Nähe des Kreisverkehrs am Wernauer Freitagshof, unmittelbar am Weg in Richtung Golfplatz.

Er muss es eilig
gehabt haben.

Gerhard Bredschneider über den Dieb

 

 

Er sei nicht der einzige Imker in der Gegend, der bestohlen worden sei, erzählt er. An den Bienenstöcken eines benachbarten Imkers habe sich vermutlich derselbe Dieb vergangen. Dabei wurden nicht allein die wertvollen Königinnen gestohlen. Der Dieb hat sich auch noch an den Honigwaben bedient. Bei Bredschneiders Bienenstöcken ließ der Unbekannte eine Zange liegen. Womöglich wurde er bei seinem Vorhaben gestört. „Er muss es eilig gehabt haben“, vermutet der Imker.

Der Verlust der Bienenköniginnen ist für ihn vor allem emotional belastend. Die eigene Aufzucht entsprechender Exemplare ist für Fachleute nicht sehr aufwendig. „Die Völker ziehen sich ihre eigenen Königinnen nach“, erklärt Bredschneider. Die Tiere füttern Larven dafür mit dem sogenannten Gelée Royale. Im Handel kann eine gute Bienenkönigin aber mehrere Hundert Euro kos­ten. Günstige Tiere gibt es für ungefähr 35 Euro. Über das Motiv des Täters kann Bredschneider nur spekulieren. „Es war kein besonders tolles Bienenjahr“, erklärt er. Es hat zu oft geregnet. Für die Bienen bedeutete das, dass sie nicht viel Futter sammeln konnten. „Da kann es sein, dass die eine oder andere Königin nicht angenommen wird“, erklärt der Fachmann. Der Diebstahl könnte in so einem Fall für einen schnellen und unkomplizierten Ersatz gesorgt haben.

Der finanzielle Schaden sei für ihn verkraftbar. „Ich kann den Verlust verschmerzen“, sagt der Imker. Die Sinnlosigkeit der Tat ärgert ihn viel mehr. Wer Unterstützung bei der Bienenzucht benötige, könne den Kontakt zu einem Imkerverein suchen. Dort werde Neulingen mit Rat und Tat unter die Arme gegriffen. „Die Imker helfen sich gegenseitig“, versichert er. Dass der Täter kein erfahrener Imker ist, vermutet Bredschneider aufgrund der stümperhaften Vorgehensweise beim Bienendiebstahl. Allein, dass für das Herausnehmen der Waben eine Zange verwendet wurde, sei ungewöhnlich.

Die Polizei steht vor einem Rätsel

Bislang konnte der Täter nicht gefasst werden. Die Ermittler hoffen auf Hinweise aus der Bevölkerung. Jede noch so kleine Information könnte hilfreich sein. Falls jemandem etwas Ungewöhnliches aufgefallen sei, solle er sich bei der Polizei melden. „Vielleicht hat jemand, der auf dem beliebten Spazier- und Radweg entlanggekommen ist, etwas beobachtet“, sagt Bredschneider.

Der Bienenzüchter denkt nun darüber nach, wie er sich vor weiteren Diebstählen schützen könnte. Möglich wären versteckte Wildkameras oder verstärkte Sicherungsmaßnahmen an den Bienenkästen. Doch das möchte er nicht. Ein Gefühl der Unsicherheit bleibt daher. Die wiederholten Diebstähle werfen auch ein Schlaglicht auf die Bedeutung des Schutzes der Bienen, die essenziell für die Bestäubung vieler Pflanzen und damit auch für die Nahrungsversorgung sind.

Königinnen, Arbeiterinnen und Drohnen

Gelée Royale: Damit eine neue Königin heranwächst, wird Larven ein Superfood verabreicht – ein Gemisch aus den Sekreten der Futtersaftdrüse und der Oberkieferdrüse der Arbeiterinnen. Durch diese Spezialnahrung erhalten die Tiere einen enormen Wachstums- und Entwicklungsschub. Die Königin ist größer als alle anderen Bienen. Ohne Gelée Royale wird die befruchtete Larve zur Arbeiterin.

Aufgaben: Die Bienen­königin ist für den Fortbestand ihres Volkes essenziell. Ihr Leben besteht daraus, gefüttert und begattet zu werden sowie mehrere Hundert bis mehr als tausend Eier pro Tag zu legen. Daneben gibt es die Arbeiterinnen und die männlichen Drohnen, die durch ihre gedrungene Körperform und ihre großen Augen auffallen.

Leben: Während die Königinnen einige Jahre leben, sterben die Arbeiterinnen schon nach einigen Wochen oder Monaten. Noch kürzer ist das Leben der Drohnen, die aus unbefruchteten Eiern entstehen. Die kleinen Prinzen führen ein kurzes Lotterleben, bevor sie so oder so auf tragische Weise sterben: Entweder, sie paaren sich mit einer Königin – was für sie tödlich endet. Oder sie ereilt der Tod nach 30 bis 40 Tagen ab etwa Mitte Juli: Von da an werden sie nicht mehr zur Fortpflanzung benötigt. Ihre Schwestern, die Arbeiterinnen, verwehren ihnen den Zugang in den Bienenstock sowie das Futter und stechen sie in seltenen Fällen sogar tot. pb