Weilheim und Umgebung
Zwischen Mozart und Hard Rock

Jubiläum Mit einem „Musiknächtle“ feiert die Stadt Weilheim noch mal ganz groß und ausgelassen ihre lange Geschichte. Es war eine gelungene Premiere. Von Andrea Barner

Ein „Musiknächtle“, kein ausgesprochenes Straßenfest - überwiegend drinnen spielt sich alles in Weilheim ab: in Gaststätten, im Rathausfoyer, im Bürgerhaus und in der Schloss-Scheuer. Die Stadtbücherei ist ein Veranstaltungsort, auch die Peterskirche. Die Gebäude sind farbenfreudig beleuchtet. So bekommt die ganze Innenstadt einen gewissen Hauch von „Nachtleben“. Im Gegensatz zu den etablierten Musiknächten in Kirchheim oder Nürtingen geht es beim Streifzug relativ ruhig und leise zu. Durchschnaufen und weiterziehen. Das hat auch was.

Nur im Bereich der Rathausgasse ballt sich’s „Open Air“, hier gibt es Stehtische, Getränke und Speisen im Freien. Die „Tecksas Tunes“ fideln irische Folklore genauso wie Bluegrass und Folk. Auf der Tanzfläche sieht man „Line Dance“.

„Wir unterscheiden uns schon ein bisschen von einer klassischen Musiknacht“, freut sich der Weilheimer Schultes. Johannes Züfle streift von einer Location zur anderen mit einem Dauerstrahlen im Gesicht. „Natürlich lebt diese Veranstaltung von den vielen Menschen, die mitmachen“, sagt er. Neben den Profis sind das zahllose Ehrenamtliche, die schauen, dass der Laden läuft. „Man kann hier mitrocken, aber auch zu Zither und Harfe mitsingen“, umreißt Züfle das Programm von Hard Rock bis Klassik und sagt weiter: „Es ist generationen- und stilübergreifend.“

Das Rathaus-Foyer ist umgestaltet und zweckentfremdet zum „Hard Rock Foyer“, hier sorgt „James Bomb“ für Stimmung. Die Band aus Göppingen ist der Kracher schlechthin. Das krasse Kon­trastprogramm findet ein paar Häuser weiter im Bürgerhaus statt mit Schlagern, Volksliedern und Hüttengaudi. Barmusik und ein Hauch von Moulin Rouge gibt es in der Marktstraße: leicht verrucht mit vier bezaubernden Varieté-Tänzerinnen. Die Damen sind perfekt gestylt, ganz im Cancan-Stil mit engen Korsagen, tiefen Dekolletés und Netzstrümpfen.

Der rockende Pfarrer Eckhard Schlatter steht selbst auf der Bühne, „Ecki’s Sisters an the bro“ heißt die Band. Vier Frontfrauen, der Pfarrer am Bass. Das evangelische Gemeindehaus Kohlesbach gerät außer Rand und Band, das Konfirmandenprojekt finden alle cool. Nicht genug, im Anschluss feuert der Pfarrer mit seiner Band „Preacher’n’Poets“ ein Rock’n’Roll-Feuerwerk ab. Ein weiteres Weilheimer Eigengewächs folgt mit „Superclusive“.

Ein paar Minuten Gehzeit zum katholischen Gemeindehaus St. Franziskus: Auch hier steppt der Bär. Der rührige portugiesische Verein verwöhnt mit Garnelenspießen, kühlem Vinho Verde und Rosé. Die Tanzfläche ist voll, die Band „Sem Limites“ heizt gewaltig ein mit mitreißender portugiesischer Musik.

Kirche auf die traditionelle Art gibt’s andererseits auch an diesem Abend - auch noch mit einem Novum. In der Peterskirche stehen die Sänger der katholischen und der evangelischen Kirchengemeinde erstmals zusammen im Altarraum. Mit 80 Personen singen sie geistliche Chorwerke von Barock bis heute, höchst professionell und ergreifend. Das Programm, später mit Violine, Gitarre und Orgel, führt durch die Jahrhunderte von Barock bis Tango. Die gut gefüllte Kirche zeigt, dass viele Menschen gerne feine, leisere Töne schätzen.

Auch die Schloss-Scheuer ist voll besetzt. Hier findet die Mozart-Nacht statt. Das Streichquartett spielt ein Potpourri aus Klassik und Barock. Sehr unterhaltsam, denn die „Damenband Manon & Co“ spielt nicht nur erstklassig, sondern unterhält auch mit viel Humor. Die Musikerinnen tragen Barockroben und -perücken. Als weitere Hingucker haben sich zwei Herren des Kulturvereins passend dazu eingekleidet, ebenso wie die Dame am Leckereien-Buffett.

Das Musiknächtle in Weilheim, ganz sicher eine gelungene Premiere. Folgt eine Fortsetzung?