Bei der Hauptversammlung der Kirchheimer Ortsgruppe des BUND waren Energie und Artenschutz Thema
Naturschutz in Theorie und Praxis

Bei der Mitgliederversammlung der BUND-Ortsgruppe Kirchheim hat der Vorsitzende Professor Dr. Martin Dieterich Bilanz gezogen: Die Arbeitsschwerpunkte des abgelaufenen Vereinsjahres waren praktischer Art bei Landschaftspflege und Artenschutz sowie theoretischer Natur bei umfangreichen Stellungnahmen zu Projekten.

Kirchheim. Wie schon im Jahr 2011 hat sich die BUND-Ortsgruppe Kirchheim auch 2012 intensiv mit dem Thema Energie beschäftigt, berichtete der Vorsitzende. Der Verband Region Stuttgart möchte Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie in den Regionalplan aufnehmen und hat der Öffentlichkeit entsprechende Standorte vorgeschlagen. Als Grundlage für Stellungnahmen hat der BUND schon 2011 zusammen mit örtlichen NABU-Gruppen ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet. Auf der Basis dieses Positionspapiers hat die BUND-Ortsgruppe Kirchheim die in ihrem Einflussgebiet vorgeschlagenen Vorranggebiete unter die Lupe genommen und eine Stellungnahme zu fünf Standorten erarbeitet.

Die Gruppe bekennt sich einerseits zum Ausbau regenerativer Energien, lehnt aber andererseits Beeinträchtigungen in landschaftlich intakten oder ökologisch hochwertigen Gebieten ab. Auf der Basis der derzeit vorliegenden Erkenntnisse sind Naturschutzgebiete, Vogelschutzgebiete, FFH-Gebiete, Kern- und Pflegezonen in Biosphärengebieten von hoher Bedeutung für den Schutz von Natur- und Landschaft. Dies schließt eine Ausweisung als Vorranggebiete für die Windenergienutzung aus Sicht der Ortsgruppe aus. Die BUND-Ortsgruppe favorisiert für Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien Standorte mit Vorbelastungen, zum Beispiel entlang von Verkehrswegen oder im Umfeld von Industrie- und Gewerbegebieten.

Die Energiewende kann nach Ansicht des BUND Kirchheim nur gelingen, wenn der Umstieg auf erneuerbare Energieträger von massiven Energieeinsparungen flankiert wird. Solche Einsparungen würden durch eine Wachstumspolitik konterkariert, die zunehmend und auch unter dem Schlagwort Energieeffizienz auf schnellen Durchsatz statt auf die Langlebigkeit von Produkten fokussiert sei.

Ergänzt wurde die thematische Auseinandersetzung zu den erneuerbaren Energien und darüber hinaus durch einen Infoabend zum Thema „Leben im Jahr 2050“ mit dem ehemaligen Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller. Dieser benannte die Folgen des „weiter so“ und auch die Chancen, die sich durch die Begrenzung der Erderwärmung für Mitteleuropa und die Welt ergeben.

Neben der Stellungnahme zur Windkraft hat die Ortsgruppe zu Planungen auf dem Golfplatz Bodels­hofen, im Gewerbegebiet Bohnau, am Reiterhof beim Egelsberg, im Ölschieferbruch in Ohmden sowie zu Baumaßnahmen im Vogelschutzgebiet und zu Leitungsbaumaßnahmen in Ötlingen Stellung bezogen. Und nicht zuletzt auch Bürger beraten, unter anderem beim Baumwipfelpfad und bei Straßenbauplanungen. Es bleibt im Zusammenhang mit den Stellungnahmen allerdings das Gefühl, dass diese nur wenig erreichen, da Planungen zumindest in ihren Grundzügen bereits im Vorfeld detailliert abgesprochen sind. Vor diesem Hintergrund sind wesentliche Änderungen dann nicht mehr erreichbar. Stuttgart 21 und Schnellbahntrasse lassen grüßen, so der Vorsitzende.

Schon seit Jahrzehnten sind der Artenschutz und die Landschaftspflege zentrale und feste Bestandteile der BUND-Arbeit vor Ort. Die Ehrenamtlichen und Helfer der BUND-Ortsgruppe waren auch im abgelaufenen Vereinsjahr wieder an 15 Wochenenden und bei etlichen Terminen unter der Woche in der Landschaftspflege tätig. Dabei wurden Flächen auf der Bürgerseeheide, der Kirrwiese, dem Kurzen Wasen, dem Egelsberg und im Egert gemäht und abgeräumt sowie die notwendige Gehölzpflege durch­geführt.

Im Talwald wurden Laichgewässer für Gelbbauchunken angelegt und an der B 297 zwischen Kirchheim und Reudern ein Leitzaun für Amphibien auf- und abgebaut. Passend zu diesem Schwerpunkt lud die Ortsgruppe den bekannten Fachbuchautor Dr. Heiko Bellmann von der Universität Ulm zu einem Vortrag über Totholz in die Stadthalle ein. Zahlreiche zum Teil hochgradig gefährdete Organismen sind auf Totholz als Nahrungsgrundlage und Lebensraum angewiesen. Hierzu zählen insbesondere Pilze und Käfer sowie viele andere Insekten.

Viele dieser hoch spezialisierten Holzbewohner sind heute vom Aussterben bedroht, da ihnen durch moderne Formen der Waldbewirtschaftung der Lebensraum entzogen wird. Insbesondere fehlt es in den Wirtschaftswäldern an stehendem und liegendem Totholz mit großem Stammdurchmesser.

Die Bekämpfung des Indischen Springkrauts, die der BUND nun schon im fünften Jahr durchführt, nimmt immer mehr Zeit in Anspruch. Diese invasive Art breitet sich an Flüssen und Bächen aus und tritt dort dann ab Juli vielfach in „Monokultur“ auf. Der Schwerpunkt der Bekämpfungsmaßnahmen lag im Sommer 2012 entlang der Lauter und ihrer Zuflüsse Richtung Dettingen.

Um die BUND-Arbeit zu präsentieren und Arten- und Naturschutzmaßnahmen vorzustellen, waren die Aktiven der Ortsgruppe beim Kirchheimer Qualifizierungskurs für Projektwerker, beim Präsentationstag der Kirchheimer Vereine und auf dem Bauernmarkt in Schopfloch und haben im Sommer zusammen mit Aktiven von Greenpeace in der Kirchheimer Fußgängerzone Unterschriften für einen Nationalpark im Nordschwarzwald gesammelt.

Nach den üblichen Regularien, wie Kassenbericht und Entlastung des Vorstands, bestätigten die Mitglieder in der turnusmäßig anstehenden Wahl Professor Dr. Martin Dieterich in seinem Amt als Vorsitzender, Ulrich Mach als stellvertretender Vorsitzender und Siegfried Hauff als Schatzmeister.rf