Architekt Eugen Schweitzer will Seniorenzentrum „Beim Alten Haus“ schnellstmöglich umsetzen
Neues Leben im alten Umspannwerk?

Das ehemalige Umspannwerk der Neckarwerke hat Geschichte geschrieben, als es 1908 die Elektrifizierung Kirchheims entscheidend voranbrachte. Jetzt könnte es erneut in die Annalen der Stadt eingehen: Als Kulturdenkmal, das ein innenstadtnahes Seniorenstift beherbergt. So weit die Vision von Architekt Dr. Eugen Schweitzer.

Kirchheim. „Die innenstadtnahe Lage des alten Neckarwerke-Areals ist großartig für Senioren“, schwärmt Schweitzer. Er weiß, wovon er spricht: Schließlich wohnt er selbst seit über drei Jahrzehnten im Alten Haus am Alleenring. Diesem ehrwürdigen Gebäude direkt zu Füßen liegt das Gelände, das seit mehr als einem Jahrzehnt in Schweitzers Besitz ist. Der verputzte Backsteingebäudeteil vom Anfang des letzten Jahrhunderts ist aufgrund seiner Fassade besonders schmuck. Ab 1908 wurde dort Drehstrom in Gleichstrom umgewandelt. Damit „repräsentiert es heute als einziger erhaltener Bauzeuge die Frühphase der Elektrifizierung in der Stadt“, wie Stadtarchivar Dr. Roland Deigendesch dem Architekten im Jahr 2012 schriftlich bestätigte.

„Das sieht toll aus“, meint Schweitzer, räumt aber ein, lange nicht an die Möglichkeit geglaubt zu haben, das Gebäude erhalten zu können: zu kaputt, zu unwirtschaftlich. Zwischenzeitlich kam ihm die zündende Idee: ein kleines, feines Seniorenstift nach dem Muster der legendären Seniorenresidenzen der Augustinum-Gruppe. Ein Plan liegt bereits vor, das Baugesuch ist eingereicht.

Vorgesehen ist ein Anbau, der im Wesentlichen zwei Wohneinheiten à acht Senioren beherbergt, außerdem eine Cafeteria und ein Bereich für leicht verwirrte Menschen. Die Halle des Altbaus soll der Speisesaal werden, der auch für Veranstaltungen an Vereine vermietet werden kann und statt des bisherigen Blechdaches ein Glasdach erhält. Das alte Hauptgebäude bleibt ebenfalls erhalten, mit wenigen weiteren Wohneinheiten und Personalräumen. Sahnehäubchen in der Gesamtplanung sind Besonderheiten wie eine Kaminlounge oder ein „Enkelspielzimmer“. „Ich könnte mir ein Leben ohne Enkel-Besuch nicht vorstellen“, begründet Dr. Schweitzer, selbst siebenfacher Großvater, die Planung. Auch an Spielplätze im Freien ist gedacht.

Überhaupt ist sich Schweitzer sicher, dass hier keiner über mangelnden Besuch klagen wird - das garantiere schon die zentrale Lage in der Innenstadt. Bereits jetzt habe er zahlreiche Anfragen aus dem Bekanntenkreis für das Seniorenzentrum „Beim Alten Haus“, berichtet der Bauherr in spe. Relativ hohe Preise, die sich unter anderem aus der kleinen Einheit und der nicht allzu dichten Bebauung der 20 Hektar für die künftigen Mieter ergeben, seien da kein Manko. Zielgruppe sind Senioren, die beispielsweise Pflegestufe 1 haben, sich aber noch weitgehend mithilfe eines Pflegedienstes selbst versorgen können. „Für ein reines Pflegeheim ist der Platz viel zu schade“, betont Schweitzer.

Stolz ist er darauf, bei seiner Planung das alte Gebäude aus verputztem Backstein erhalten zu können. „Ich bin ein Architekt von heute für morgen“, sagt er und ergänzt, „das hindert mich nicht daran, frühere Architektur zu schätzen.“ Mit der Achtung vor alten Bauwerken hat sich Schweitzer schon vor Jahrzehnten in Kirchheim einen Ruf gemacht. Ohne sein Engagement gäbe es das Alte Haus längst nicht mehr. Sein Abriss war schon so gut wie beschlossen, als der gebürtige Badener nach Kirchheim kam und das Gebäude erwarb, das heute ein Schmuckstück am südlichen Innenstadteingang ist. Diese Aktion und weitere folgende brachten dem streitbaren Architekten viel Ärger ein, aber auch positives Feedback. 1982 trat er beispielsweise gegen den amtierenden Oberbürgermeister Werner Hauser als OB-Kandidat an. Wie erwartet, siegte Hauser haushoch mit 67 Prozent aller Stimmen im ersten Wahlgang, doch Schweitzer konnte mit 21 Prozent einen Achtungserfolg einfahren.

Am liebsten würde Schweitzer hinter dem Alten Haus noch dieses Jahr die Bagger anrollen lassen. Allerdings sind seit Jahren Fragen offen, zum Beispiel betreffend der Zufahrt. Zunächst wird das Thema auf jeden Fall im Gemeinderat besprochen. Nach Auskunft von Stadtplaner Gernot Pohl gibt es keinen gültigen Bebauungsplan, der die Innenfläche im Quartier umfasst. Selbiger soll am Mittwoch auf den Weg gebracht werden.