Das Höhenfreibad in Neuffen steckt in der Krise: Schon im vergangenen Jahr suchte die Stadt händeringend nach einem Schwimmmeister. Einer der beiden Mitarbeiter sei schon seit längerer Zeit krank, so Bürgermeister Matthias Bäcker. Deshalb musste die Stadt schon im vergangenen Jahr auf eine Notlösung zurückgreifen: Der ehemalige Hausmeister der Stadthalle und Bademeister Norbert Reister kehrte vorübergehend aus dem Ruhestand zurück und sprang für den erkrankten Kollegen ein. „Das war aber nur eine einmalige Maßnahme, die nicht in jeder Saison x-beliebig wiederholt werden kann“, so Bäcker in seinem wöchentlichen Infobrief an die Neuffener.
Seit vergangener Woche sei klar, dass der erkrankte Kollege auch dieses Jahr nicht zurückkehrt, so Bäcker. Deshalb werde man jetzt bundesweit und in Fachzeitschriften Stellenanzeigen schalten. „Wir wollen auch bei Personalfirmen anfragen“, sagt Bäcker. Außerdem hätte die DLRG-Ortsgruppe Neuffen-Beuren ihre Hilfe angeboten. Doch seien viele der Ehrenamtlichen, die infrage kämen, Schüler oder Abiturienten, so Bäcker. Für den technischen Betrieb des Bades brauche man außerdem Fachkräfte.
„Ich wollte mit meinem Infobrief aufrütteln“, sagt Bäcker. Er habe darauf aufmerksam machen wollen, dass die Personalsituation im Freibad keineswegs entspannt sei. „Das Bad ist den Neuffenern wichtig“, betont der Bürgermeister, daher liege auch der Stadt daran, das Freibad trotz eines jährlichen Defizits von rund 200 000 Euro weiterzubetreiben. Im vergangenen Jahr war das Bad deshalb schon montags geschlossen. Es sei dem einzig verbliebenen Bademeister nicht zumutbar - und arbeitsrechtlich auch nicht zulässig -, mit einem Mitarbeiter einen Sieben-Tage-Betrieb aufrechtzuerhalten, sagte Bäcker damals im Gemeinderat.
Mit der Suche nach Bademeistern ist Neuffen nicht allein. Die „Fachangestellten für Bäderbetriebe“, so die offizielle Berufsbezeichnung der Bademeister, sind zwischenzeitlich bundesweit Mangelware. Deutschlandweit fehlten etwa 2500 Schwimmmeister, in Baden-Württemberg seien es 300 bis 400, sagt Edgar Koslowski, der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Schwimmmeister (BDS). Es sei schwer, Nachwuchs für den Beruf zu finden, so Koslowski. Das Berufsbild leide an den gleichen Problemen wie andere Berufe in der Dienstleistungsbranche, Pflege und Gastronomie: schlechte Bezahlung und ungünstige Arbeitszeiten. Am Wochenende zu arbeiten sei heute für viele junge Leute keine Option, sagt der BDS-Vorsitzende. Die Ausbildung zum Fachangestellten ist komplex: Neben der Eignung als Rettungsschwimmer - das silberne Rettungsschwimmabzeichen ist Pflicht und muss alle zwei Jahre erneuert werden - müsse die Bädertechnik beherrscht werden.
Außerdem seien Verwaltungs- und Rechtskenntnisse erforderlich, so Edgar Koslowski. Bei der Arbeit komme eine hohe psychische Belastung hinzu: Man sei immer angespannt, müsse den Badebetrieb beaufsichtigen und die Anfragen der Badegäste beantworten. Außerdem sei der Lärmpegel in den Bädern ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor - 70 Prozent der gelernten Schwimmmeister seien fünf Jahre nach der Ausbildung nicht mehr in dem Job tätig, so Edgar Koslowski. Das verschärfe die Situation am Arbeitsmarkt noch weiter.
Bisher ist ihm nur ein Bad bekannt, das wegen Personalmangels dauerhaft geschlossen wurde: In Titisee im Schwarzwald wurde der Betrieb vor drei Jahren eingestellt. Ähnlich wie in Neuffen komme es aber auch bei anderen Bädern zu reduzierten Öffnungszeiten.
„Ein Schwimmbad hat eine wichtige soziale Funktion“, sagt Edgar Koslowski. Er hält es wichtig für das Freizeitangebot, für die Gesundheit der Bevölkerung und als Anlaufstelle für Jugendliche.
Deshalb bittet der Neuffener Bürgermeister Matthias Bäcker jetzt die Bevölkerung um Unterstützung. Auch mit dem BDS hat er schon Kontakt aufgenommen. Er könne sich auch eine Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Beuren vorstellen.
Im Neuffener Täle hofft man jetzt auf eine erfolgreiche Personalsuche - und auf eine pünktliche Freibadöffnung zum Saisonstart im Mai.