Gutachter hatten gestern das Wort beim Strafprozess gegen „Prostituierten-Schreck“
Neuffener wegen Angriff auf Prostituierte vor Gericht

Im Strafprozess vor dem Landgericht gegen einen 34-jährigen Mann aus Neuffen wegen versuchten Totschlags, Körperverletzung, Erpressung, Bedrohung und Nötigung hatte gestern der erste Sachverständige das Wort. Er stellte fest, dass der Angriff auf den Hals eines Opfers „potenziell lebensgefährlich“ ist.

Neuffen/Stuttgart. Hat der Angeklagte bewusst damit gerechnet, dass seine Opfer durch seine Behandlung zu Tode kommen könnten? Diese Frage ist für die Richter der Stuttgarter Schwurgerichtskammer von Bedeutung, um festzustellen, ob ein Verbrechen des versuchten Totschlags – wie angeklagt – vorliegen könnte. Der offensichtlich psychisch sehr angeschlagene Angeklagte soll Prostituierte zu sich nach Hause eingeladen oder sie auch in bestimmten Clubs besucht und dann plötzlich angegriffen haben (wir berichteten).

Zwei Frauen soll er am Hals gewürgt und eine davon sogar aus seinem Auto geworfen haben, aus Wut, weil er die geforderten 550 Euro Prostituiertenlohn nicht zahlen wollte. Die Zeugin hatte berichtet, dass sie keine Luft mehr bekam und stundenlang nicht mehr sprechen konnte. Der medizinische Sachverständige stufte in einem gestern vorgetragenen Gutachten den Würgevorgang als „Angriff gegen den Hals“ ein, der zwar im vorliegenden Fall keine Lebensgefahr darstellte, jedoch potenziell ein Angriff auf das Leben bedeute.

Auch das Würgen einer zweiten Prostituierten stuft der Gutachter als „potenzielle Lebensgefahr“ ein. In diesem Fall habe der Angeklagte das Opfer sogar beidhändig gewürgt. Ein drittes Opfer wurde von ihm auf den Boden gedrückt und in den Schwitzkasten genommen, bis es keine Luft mehr bekam. Auch hier bejahte der Sachverständige eine mögliche Lebensgefährdung.

Der Angeklagte praktizierte mit den verschiedensten Prostituierten nach deren Aussagen sogenannte Rollenspiele, in denen er sich fesseln und erniedrigen ließ, ohne dass es dabei zu sexuellen Handlungen kam. Laut Anklage wurde er rabiat, wenn es ans Zahlen ging. Ebenso soll er in einer psychiatrischen Praxis in Nürtingen einen der Ärzte angegriffen und verletzt sowie später telefonisch mit dem Tode bedroht haben.

Interessant wird es in dem Verfahren, wenn der vom Gericht beauftragte psychiatrische Sachverständige sein Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschuldigten vorträgt. Sollte der Mann an einer Art Verfolgungswahn leiden und in diesem Zustand die Taten begangen haben, wäre er schuldunfähig, müsste dafür aber zum Schutze der Allgemeinheit in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht werden. Am morgigen Donnerstag sollen weitere Zeugen und Gutachter vernommen werden.