Fussball
Neulinge verzweifelt gesucht

Fußball Die Schiedsrichtergruppe Nürtingen klagt über mangelndes Interesse an ihrem Einsteiger-Lehrgang im Januar und fürchtet auf lange Sicht um den Spielbetrieb in den unteren Klassen. Von Peter Eidemüller

Dem Amateurfußball in der Region droht ein Schiedsrichtermangel. Nachdem die Zahl der Unparteiischen in der Gruppe Nürtingen bereits seit Jahren rückläufig ist, gerät nun auch die Nachwuchsgewinnung ins Stocken. Der Neulingslehrgang im Januar steht vor dem Aus, da sich bislang zu wenig Interessenten angemeldet haben.

Es ist die Folge eines schleichenden Prozesses: Wollten bis vor zehn Jahren noch jährlich bis zu 30 Einsteiger zur Pfeife greifen, sind es aktuell noch nicht einmal ein Dutzend, die neugierig auf den Referee-Job sind.

Neben der im gesamten Vereinswesen beklagten mangelnden Bereitschaft fürs Ehrenamt, kommt beim Thema Fußball-Schiedsrichter ein weiterer Aspekt erschwerend hinzu: Regelmäßige Anfeindungen von Spielern, Zuschauern oder Funktionären in Form von Beleidigungen, Beschimpfungen oder Gewalt sorgen dafür, dass die pfeifende Zunft immer unattraktiver wird. Dass deswegen irgendwann der Spielbetrieb gefährdet ist, hat auch der Obmann der Schiedsrichtergruppe Nürtingen, Steffen Müller, längst erkannt. „In den unteren Ligen werden Spiele ausfallen“, prophezeit er.

Aktuell wird der Mangel auch dank des Austauschs mit anderen Schiedsrichtergruppen zwar noch aufgefangen. Doch gerät diese Lösung nicht zuletzt für die Vereine auf Dauer zu einer finanziellen Belastung. „Neulich hatten wir für die Spiele unserer ersten und zweiten Mannschaft einen Schiedsrichter aus der Ulmer Ecke, für den wir am Ende Spesen von rund 160 Euro gezahlt haben. Das musst du als kleiner Verein erstmal erwirtschaften“, sagt Stefan Hein, Spielleiter des TSV Oberboihingen, der jedoch eine Lanze für die Unparteiischen bricht: „Man muss doch froh sein, dass es überhaupt noch Schiedsrichter gibt.“

Geldstrafen für fehlende Schiris

Dass dies auch überregional längst nicht mehr der Regelfall ist, kann Verbandssprecher Heiner Baumeister bestätigen. „Auch wenn wir im deutschlandweiten Vergleich immer noch gut dastehen, sind die Zahlen in Württemberg rückläufig.“ Dabei versucht der WFV, dem Schwund mit finanziellen Anreizen entgegenzuwirken: Für jeden Schiedsrichter über der Sollzahl, die sich nach der Menge der Mannschaften pro Verein ab der C-Jugend berechnet, zahlt der Verband 45 Euro. Umgekehrt wird in Relation zur Zahl der gemeldeten Mannschaften eine Strafe für fehlende Schiedsrichter fällig. „Das kann schon mal im mittleren vierstelligen Bereich liegen“, weiß Heiner Baumeister.

Ob und wie sehr solche Maßnahmen die Gewinnung und den Erhalt von Unparteiischen beeinflussen, lässt sich nicht feststellen. In der Schiedsrichtergruppe Nürtingen wünscht man sich unabhängig davon, den Blick auch auf die Themen Wertschätzung und Anerkennung zu lenken. „Wegen uns Schiedsrichtern findet kein Spiel statt“, betont Obmann Steffen Müller, „aber wir sind ein wichtiger Teil des Spiels. Wenn das alle Beteiligten verinnerlichen, wäre schon viel gewonnen.“