Wie Menschen den Ruhestand verbringen – Heute: Günther Bosch aus Weilheim
Nicht nach „Stundenplan“ leben

Weilheim. Wer kennt ihn nicht – den Loriot-Film „Pappa ante Portas“, in dem der Familienvater Heinrich Lohse unverhofft in den Ruhestand kommt und fortan seiner Frau gehörig auf die Nerven geht. Mit seiner Freizeit weiß der Ruheständler nichts anzufangen – und die Ehe steht vor einer Zerreißprobe. In der einen oder anderen Szene dieses Film-Klassikers dürfte sich so manches Ehepaar durchaus wiedererkennen.

Für Günther Bosch und seine Frau Elisabeth aus Weilheim allerdings trifft dies ganz sicher nicht zu. Denn Angst, in seinem Ruhestand in ein tiefes Loch zu fallen, hat der 64-Jährige nicht. Im Gegenteil: Der umtriebige Weilheimer hat so viele Hobbys, dass seine nun gewonnene freie Zeit eigentlich schon fast verplant ist.

Aber auch nur eigentlich. Denn der langjährige Schulleiter der Dettinger Teckschule, der sich zum Ende des Schuljahres von seinen Kollegen und Schülern verabschiedet hat, weiß ganz sicher: Er möchte in seinem Ruhestand nicht nach einem geregelten „Stundenplan“ leben. Denn dies kennt er aus seiner Zeit als Lehrer und Rektor schon zu genüge. Er will sich nicht festzurren lassen, sondern vielmehr das unternehmen, worauf er gerade Lust hat.

An seinem letzten Arbeitstag verließ Günther Bosch ganz klassisch mit einem Pappkarton in den Händen, in dem sich all seine Habseligkeiten des Schulalltags befanden, die Teckschule. „Es war schon ein merkwürdiges Gefühl“, sagt der 64-Jährige. Nach all den Jahren im Beruf habe er sich wie verheiratet gefühlt mit „seiner“ Schule. „Es ist, wie wenn man jahrelang einen Partner hatte – und plötzlich ist dieser nicht mehr da“, beschreibt der Weilheimer.

Doch dieser denkwürdige letzte Arbeitstag war für Günther Bosch freilich nicht nur mit Abschiedsschmerz, sondern auch mit einem großen Gefühl der Freude verbunden, betont er. Runterziehen lassen will er sich jedenfalls nicht. Und wenn es ihm tatsächlich einmal wehmütig ums Herz sein sollte, dann hat Günther Bosch einen simplen Trick: „Dann denke ich einfach an die Dinge, die nicht so angenehm waren in meiner Berufszeit.“

Günther Bosch hat sich für seinen Ruhestand vorgenommen, gewisse Angewohnheiten auf jeden Fall beizubehalten. So möchte er zum Beispiel morgens nicht allzu spät aufstehen. Spätestens um 8 Uhr sei die Nachtruhe vorbei, betont er. Auch auf seine allmorgendlichen Qigong-Übungen, mit denen er schon seit etlichen Jahren in den Tag startet, und seine wöchentlichen Saunabesuche mit seiner Frau will er nicht verzichten.

Sein großes Hobby – das Kochen – möchte Günther Bosch nun, da er über mehr Zeit verfügt, ausbauen. „Bisher habe ich jedes Wochenende gekocht“, erzählt Günther Bosch. Künftig jedoch will er seine Frau noch häufiger mit einem leckeren Essen verwöhnen, sagt der Weilheimer. Für seine Frau sei es übrigens viel „seltsamer“ gewesen als für ihn, als der Ruhestand immer näher kam. „Anfangs hatte sie Bedenken und meinte, ich müsste überlegen, was ich mit der freien Zeit anfange“, erinnert sich Günther Bosch. Die Lehrerin an der Weilheimer Limburg-Grundschule, die noch ein Jahr bis zu ihrem eigenen Ruhestand arbeitet, habe aber schnell bemerkt, „dass ich zurechtkomme“, betont Günther Bosch schmunzelnd.

Kein Wunder – schließlich spielt der Weilheimer Gitarre, gestaltet am heimischen PC eigene Homepages und fotografiert leidenschaftlich gerne Wassertürme. In Baden-Württemberg hat er nahezu allen Wassertürmen bereits einen Besuch abgestattet. Entstanden ist aus den Aufnahmen das Buch „Wassertürme in Baden-Württemberg“, das Günther Bosch zusammen mit Dr. Jens Schmidt vom Bundespresseamt gestaltet hat und das im Jahr 2009 auf den Markt kam. In seinem Ruhestand will Günther Bosch nun die Wassertürme in Bayern angehen. Das entsprechende Buch soll im nächsten Jahr veröffentlicht werden. Anschließend sind die Türme in Rheinland-Pfalz an der Reihe.

Wie er auf dieses doch recht spezielle Freizeitvergnügen kommt? „Ich wollte etwas machen, was sonst keiner macht“, erklärt Günther Bosch seine Wasserturm-Leidenschaft. „Das allerdings war ein großer Irrtum“, fügt er hinzu. Denn in Deutschland und auch in anderen Ländern gebe es zahlreiche Menschen, die sich ebenfalls für die unterschiedlichen Wassertürme interessieren. Dennoch blieb der Weilheimer seinem Hobby treu und lernte dadurch auch Baden-Württemberg besser kennen. Denn bei ihren Ausflügen zu den Wassertürmen schauen sich Günther und Elisabeth Bosch auch stets die Region an, gehen gut essen und besuchen Museen oder Ausstellungen.

Überhaupt ist das Reisen für Günther Bosch sehr wichtig und nimmt auch in seinem Ruhestand großen Raum ein. Vor allem ins Lieblingsland Frankreich wird es das Weilheimer Ehepaar des Öfteren ziehen. Günther Bosch möchte sich nun aber auch verstärkt um seine Enkel kümmern und außerdem „alles erledigen, was ich auf den Ruhestand verschoben habe“ – zum Beispiel Renovieren, Aufräumen, im Garten arbeiten und, und, und.

Eines ist sicher: Langweilig wird es dem frischgebackenen Ruheständler nicht werden. Von wegen Heinrich Lohse á la „Pappa ante Portas“.

 

Auf Günther Boschs selbst gestalteten Homepages (www.wasserturm-bw.de und www.miraguebo.de) erfährt man einiges über Wassertürme, kann Rezepte und Reiseberichte nachlesen, erhält Restaurant-Tipps und vieles mehr.