Neuer Tunnel bei Gruibingen sorgt für Probleme –„Feinjustierung erforderlich“
Noch mehr Verkehr für Weilheim

Der neue Tunnel auf der ­Autobahn 8 bei Gruibingen sorgt für Ärger, weil er immer wieder komplett gesperrt wird. Die Folge: kilometerlange Staus auf der A 8 und noch mehr Durchgangsverkehr durch ­Weilheim und Gruibingen.

Weilheim/Gruibingen. Schon immer war der Albaufstieg auf der Autobahn 8 ein Nadelöhr. Vor allem zu Ferienbeginn schieben sich regelmäßig die Blechlawinen gen Süden. Stau ist deshalb nicht nur an solchen Tagen vorprogrammiert.

Darunter leiden auch die Anwohner Gruibingens. Deshalb wurde im Rahmen des dreispurigen Ausbaus der A 8 bis Mühlhausen auf Höhe Gruibingen ein Lärmschutztunnel gebaut. Dieser 500 Meter lange, rund 23,5 Millionen Euro teure, hochmoderne und mit 13 Kameras ausgestattete Tunnel wurde Anfang Dezember vergangenen Jahres in Betrieb genommen. Seither sehen und hören die Gruibinger zwar nichts mehr von der Autobahn – doch die Belastung durch Abgase und Lärm im Ort ist noch größer als vorher. Die Leidtragenden sind aber auch die Weilheimer: Sie klagen seit Inbetriebnahme des Tunnels ebenfalls über noch mehr Durchgangsverkehr.

Verantwortlich dafür sind die Tücken der Technik, organisatorische Schwächen und eine EU-Richtlinie. Letztere besagt, dass es aus Sicherheitsgründen in dem neuen Tunnel keinen Stau geben darf. Deshalb befindet sich etwa 300 Meter nach dem Tunnel in Fahrtrichtung München eine Kontaktschleife, welche die Geschwindigkeit der Fahrzeuge misst. Sinkt diese unter zehn Stundenkilometer, wird dies an den Tunnel gemeldet. Dessen Ampeln schalten dann auf Rot, das Bauwerk wird gesperrt – und für die Auto- und Lkw-Fahrer heißt das: warten und viel Geduld mitbringen.

„Bestimmt schon über 200 Mal“ wurde der Tunnel seit Anfang Dezember gesperrt, informiert Lutz Wagner, Leiter der Autobahnpolizei Mühlhausen. Die Folge: Es bilden sich Staus von bis zu 15 Kilometern Länge. Viele Verkehrsteilnehmer, die über ihre Navigationsgeräte oder übers Radio von dem Stau vor dem Tunnel erfahren, verlassen bei Kirchheim oder Aichelberg die Autobahn, weiß Wagner. „Sie fahren dann über Weilheim und Gruibingen und schließlich in Mühlhausen wieder auf die Autobahn. Das ist ein wahnsinniger Verkehr.“

Helmut Burkhardt, Ordnungsamtsleiter der Stadt Weilheim, kann das nur bestätigen: „Weilheim wird durchflutet vom Verkehr. Für die Anliegergemeinden ist das eine riesige Belastung und noch schlimmer als früher.“

„Es gibt Vorschriften, und die sehen wir auch ein“, betont Burkhardt. „Aber wir haben es vorher schon gesagt und gewusst, dass es so weit kommt.“ Das Problem sei „der Flaschenhals“ bei der Anschlussstelle Mühlhausen. Denn dort wird die Fahrbahn von drei auf zwei Fahrspuren verengt. Hinzu kommen die scharfe Rechtskurve kurz vor dem Albaufstieg und die überaus kurze Beschleunigungsspur an der Autobahnauffahrt, die laut Lutz Wagner einen Ausbaustandard aus dem Jahr 1937 hat. All das führe „zwangsläufig und logischerweise“ dazu, dass die Fahrzeuge an dieser Stelle langsamer werden, ergänzt Burkhardt.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: der „bisher zähe Weg“ der Tunnelfreischaltung, sagt Lutz Wagner. Nur die Tunnelleitzentrale des Regierungspräsidiums (RP) Tübingen mit Sitz in Stuttgart, die über die 13 Kameras in und am Tunnel Einblicke hat, darf die Ampel wieder auf Grün stellen. Zuvor allerdings muss sich die Autobahnpolizei Mühlhausen vor Ort davon überzeugen, dass der Tunnel auch tatsächlich frei ist. Erst wenn die Polizei ihr Okay nach Stuttgart gibt, wird dort gehandelt.

Dass dieser umständliche Weg Zeit kostet und die Nerven der Verkehrsteilnehmer überstrapaziert, hat man bei den zuständigen Behörden nun erkannt. „In der Regel soll die Sperrung nur zwei bis drei Minuten dauern, aber es gibt immer wieder Ausreißer“, räumt Dr. Peter Zaar, Pressesprecher des RP Stuttgart ein. „Deshalb machen wir jetzt eine Feinjustierung und optimieren die Freischaltung.“ Zu Sperrungen des Tunnels werde es aber weiterhin kommen. „Das ist so gewollt. Der Tunnel muss leer bleiben.“ Für die Verkehrsteilnehmer sei dies schwer begreiflich, weiß Zaar. „Aber es geht um ihre Sicherheit.“

„Wir haben uns zusammengesetzt und gehen jetzt die Dinge an, die schnell gemacht werden können“, sagt Thomas Bucher von der Landesstelle für Straßentechnik des RP Tübingen. Dazu gehöre, die Kontaktschleife zu optimieren. So soll der Tunnel künftig erst gesperrt werden, wenn die Fahrzeuge an der Kontaktschleife nicht zehn, sondern sechs Stundenkilometer unterschreiten. Außerdem soll die Autobahnpolizei Mühlhausen einen Monitor erhalten und so einen Blick in den Tunnel werfen können. Auf Grün stellen darf die Polizei den Tunnel dennoch nicht – dies obliegt weiterhin der Tunnelleitzentrale. „Aber wir müssen dann wenigstens nicht mehr vor Ort nachschauen, ob alles in Ordnung ist“, sagt Lutz Wagner.

Die Behörden prüfen außerdem, ob sich an der Autobahnauffahrt Mühlhausen baulich etwas ändern lässt, ergänzt Zaar. Entscheiden müs­se dies allerdings das Bundesverkehrsministerium. Darüber hi­naus werde untersucht, ob eine „Verkehrsbeeinflussungsanlage“ Besserung bringt. Dabei soll die Fahrbahn noch vor dem Tunneleingang von drei auf zwei Spuren verengt werden, um die Situation rechtzeitig zu entzerren. „Bei der Autobahnauffahrt und der Verkehrsbeeinflussungsanlage reden wir aber über mindestens zwei Jahre“, fügt Zaar hinzu.

Helmut Burkhardt und Lutz Wagner sehen eine langfristige Lösung des Problems sowieso nur im weiteren dreispurigen Ausbau der A 8 am Albaufstieg. Doch beiden ist klar: In absehbarer Zeit wird dieser nicht kommen.