Kirchheim. Neun Gründe sind es, die dem Kirchheimer Coach und AKL-Krisenbegleiter Oliver Schwarz immer und immer wieder bei seiner Arbeit mit Burnout-Patienten unterkommen. Er hat sie ebenso zusammengestellt wie eine ganze Reihe von Ansätzen, die Wege aus dem Burnout-Strudel weisen.
Grund eins: „Das Berufsleben ist in den vergangenen zehn Jahren immer komplexer geworden“, sagt Oliver Schwarz. Als Beispiel nennt er den Computer als Arbeitsmittel. „Früher kam einmal am Tag die Post und es gab das Telefon“, verdeutlicht der Coach. Heute lieferten Fax, E-Mail, SMS, Tablet-PCs und Handys ständig neue Nachrichten, neue Aufgaben und neue Arbeit. Zum einen sei das Berufsleben dadurch dynamischer geworden. Zum andere gelte es, ständig neue Software zu erlernen. „Dadurch entsteht bei den Arbeitnehmern das Gefühl, den Anschluss zu verpassen.“
Grund zwei: „Der Rationalisierungs- und Leistungsdruck ist enorm gestiegen.“ Für die Arbeitnehmer bedeute das eine enorme seelische Belastung, auch durch die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. „Bei den Unternehmern ist die Not aber genauso groß“, weiß der Coach. Sie treibe gleichermaßen die Sorge um, am Markt bestehen zu können. Ausgelöst durch die Globalisierung habe sich das Problem durch die jüngsten Wirtschaftskrisen noch verstärkt.
Grund drei: Die Berufs- und Lebenswelt wird immer technischer. „Der ständige Umgang mit Maschinen führt dazu, dass das Anspruchsdenken steigt“, hat Oliver Schwarz festgestellt. Immer öfter hätten Arbeitgeber die Erwartung, dass ihre Mitarbeiter wie Geräte funktionieren. Werde eine neue Software installiert, so müssten auch die Mitarbeiter auf einem höheren Level funktionieren. „Das sind aber Menschen, keine Maschinen“, betont der Coach.
Grund vier: „Sowohl beruflich wie auch privat wächst die Überanstrengung.“ Irgendwann hätten die Menschen so viele Aufgaben – ob bei der Arbeit, in der Freizeit oder mit den Kindern – dass sie nicht mehr zur Ruhe kämen.
Grund fünf: „Wir müssen heute alles schnell erledigen“, ist dem Coach aufgefallen – eine ungesunde Herausforderung: „Die Hast unserer Lebensweise tut uns nicht gut.“
Grund sechs: Ein weiteres Problem sieht Oliver Schwarz in der ständigen Erreichbarkeit. Gerade Handy und Smartphones tragen aus seiner Sicht dazu bei, dass die Menschen keine Rückzugs- und Ruhephasen mehr haben.
Grund sieben: „Die Arbeitszeiten werden immer länger“, sagt Oliver Schwarz. Das hänge auch damit zusammen, dass Unternehmer wie Arbeitnehmer ständig „den 100 Prozent“ hinterherrennen. „Es ist aber gar nicht möglich, 100 Prozent zu erreichen“, weiß Schwarz um den anstrengenden und frustrierenden Kampf. „Das ist, als ob man eine Karotte vor der Nase hätte und sie nie erreichen kann.“
Grund acht: „Es gibt ein wachsendes Gefühl des Getriebenseins“, formuliert es Oliver Schwarz. Immer mehr Menschen hätten den Eindruck, fremdbestimmt und unfrei zu sein.
Grund neun: „Vorgesetzte und Unternehmer geben den starken Druck, unter dem sie heute stehen, weiter.“ Das führe oftmals zur Dramatisierung kleiner Fehler, zu Konfrontationen und zur Unzufriedenheit mit der Leistung der Mitarbeiter. „So wird eine Kultur der Angst aufgebaut“, ist die Erfahrung des Coachs.
Lösungsansätze: Oliver Schwarz nennt einen zentralen Punkt, um Abhilfe zu schaffen: „Die eigenen Interessen erkennen und definieren“, betont der Coach. „Nur wer seine eigenen Interessen kennt, kann Deals, Kompromisse und Win-win-Situationen herstellen und damit nachher zufrieden sein“, so Schwarz. „Wer das anpackt, rutscht von einer passiven, leidenden Rolle in die aktive, kreative Rolle. Das birgt die Chance, Freude zu empfinden.“ Herauszufinden gelte es beispielsweise, wie wichtig Arbeit und Freizeit für einen Menschen sind. „Die Work-Life-Balance ist bei jedem individuell“, betont er. Wichtig sei es auch, den Kontakt zu den eigenen Gefühlen wieder herzustellen und zu spüren, welcher Weg Freude bereite. Helfer dabei können beispielsweise einfache Dinge wie Tagträume sein.
Als ersten Schritt nennt Oliver Schwarz, dass Betroffene lernen müssen, mehr an sich selbst zu denken und aufs eigene Wohlbefinden zu achten. Als weitere Stufen gelte es, sich zu schützen und sich selbst zu behaupten.