Gernot Erler war zu Gast beim Neujahrsempfang des SPD-Kreisverbandes Esslingen
„Ohne Frieden ist alles nichts“

„Dienste, die auf dem rechten Auge blind sind, darf es in Deutschland nicht geben.“ Gernot Erler, bis 2009 Staatsminister im Auswärtigen Amt, bezog in seiner Rede beim Neujahrsempfang der Kreis-SPD in der Friedrich-Glück-Halle in Oberensingen deutlich Stellung gegen eine rechtslastige Tendenzen begünstigende Entwicklung in der Republik.

Heinz Böhler

Nürtingen. Erler war am Freitagabend zu Gast beim Neujahrsem­pfang des Kreisverbandes der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum auf der Agenda hat. Nachdem das Jugendblasorchester der Stadtkapelle Nürtingen den Empfang mit „Smoke on the Water“ eingeleitet hatte, begrüßte zunächst der Kreisvorsitzende Michael Wechsler die rund 200 Gäste mit einem klaren Bekenntnis zu einem solidarischen Umgang miteinander, der sich nicht zuletzt in den Anredeformen als Genoss(inn)en und einer Duz-Bruderschaft der Parteimitglieder untereinander äußere.

Anwesend waren die Bundestagsabgeordneten Karin Roth und Rainer Arnold, der Landtagsabgeordnete Wolfgang Drexler, Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker sowie etliche Verbandsvorsitzende und -mitarbeiter. Als Hauptredner nahm der ehemalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, seine Parteigenossen zunächst mit auf eine Reise durch die eineinhalb Jahrhunderte der Sozialdemokratie. Er ging aber auch auf die Gegenwart ein, in der Krieg, Finanzkrisen und Rassismus eine verhängnisvolle Rolle spielen.

Erler prangerte die Lieferung von Waffen aller Art an menschenverachtende Regime an und wandte sich gegen eine Ausweitung der Bewaffnung der Bundeswehr durch eine Anschaffung sogenannter Kampfdrohnen. Er wies auf die Ursprünge des aktuellen Konfliktes in Mali hin: Nach dem Sturz des lybischen Diktators Muammar al Gaddafi strebten arbeitslos gewordene Touareg-Söldner einen eigenen Staat an und verbündeten sich mit algerischen Terrororganisationen. Erler verurteilte das in diesem Zusammenhang deutlich gewordene Versagen der Politik, weshalb diese schon wieder die Waffen für sich sprechen lassen müsse. „Ein Wahnsinn!“, kommentierte er dies.

Innenpolitisch hat Erler eine kritische Sicht auf den Umgang der schwarz-gelben Regierung mit der ins Auge gefassten Wende in der Energiepolitik. „Die Unsicherheit ist politisch gewollt“, kritisiert der Freiburger die Querelen um die Entwicklung der Umlagen für die Ersetzung von Atomstrom durch erneuerbare Energieträger.

Erler bezog außerdem deutlich Stellung gegen den seiner Meinung nach laxen Umgang der Politik mit den Banken, die an der gegenwärtigen Krise der Finanzmärkte nicht unschuldig seien und trotzdem nach dem Motto „too big to fail“ auf Kosten der Steuerzahler aus jeder Not gerettet würden. Erler sieht zwar die Notwendigkeit, die ins Schlingern geratenen Mitgliedsstaaten der EU mit Krediten zu versorgen. Er fordert jedoch ein striktes Verbot von Aktienleerverkäufen, eine Trennung der Banken in gesonderte Kunden- und Finanzmarktbereiche sowie deren besonders strenge Kontrolle. Er befürwortet die Einführung einer Transaktionssteuer für den Finanzmarkt und verlangt den strikten Vorrang der Politik vor den Märkten in der Entscheidungsfindung für die Lebensumstände der Bürger in Europa.

Am Ende seiner Rede erinnerte Erler an ein wichtiges Bonmot des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“ Eben den wünschte der Gast aus dem Breisgau seinen Genossen aus dem Kreis Esslingen – nicht nur für das so wichtige Jubiläums- und Wahljahr 2013.