Lenningen. Ein Sonderling war er, und doch stets präsent und engagiert: Otto Holder, Jahrgang 1920. Vor vier Jahren ist der Unterlenninger gestorben, und die Erbengemeinschaft erlaubte dem Ehepaar Butz, den Haushalt aufzulösen und Brauchbares für karitative Zwecke zu verwenden. In einem Schrank kamen großformatige Mappen mit Bildtafeln zutage, samt einer stattlichen Anzahl von Ordnern. Diese Dokumente reichten Gretel und Siegfried Butz quasi über den Gartenzaun, und so landeten Artikel, Fotos, Briefe und andere Dokumente bei Wolfgang Randecker.
„Dieser Schatz war in Gefahr, im Container zu landen“, erzählt er. Deshalb machte er sich mit Helmut Köble und Wolfgang Guse an die Arbeit, diesen papiernen Schatz zu sichten. „Die Alb war sein Hauptthema, aber er war Generalist und vielseitig interessiert – und er war ein Poet“, beschreibt Wolfgang Randecker seinen einstigen Nachbarn. „Hobelspäne des Lebens – Erkenntnisse und Bekenntnisse eines schaffenden Menschen und heimatverbundenen Wanderers unserer Zeit“ ist ein Gedichtband, den Otto Holder 1971 veröffentlichte und der bereits im Januar 2011 im Mittelpunkt einer Lesung im Schlössle in Oberlenningen stand.
Jetzt ist druckfrisch der großformatige Bildband „Otto Holder und die Restaurierung der Ruine Sulzburg“ erschienen, herausgegeben von dem Trio Randecker, Köble und Guse. Das Besondere: Die von Otto Holder einst gestalteten Plakate mussten zwar verkleinert werden, sind aber dank Aufklapp-Bindung in ihrer ganzen Pracht zu bewundern. „Otto hat wohl an eine Ausstellung gedacht, warum sonst wären die Schnürle zum Aufhängen dran?“, vermutet Wolfgang Randecker.
Anlässlich der Lesung im Schlössle schmückten einige dieser Tafeln die Wände, und so entstand die Idee, dem Gedicht- einen Bildband zur Seite zu stellen. Auf dem Weg zur Realisierung mussten jedoch einige Steine aus dem Weg geräumt werden. Die technische Seite übernahm GO Druck Media, ansonsten war Selbstkritik gefragt. Zunächst sortierten die drei das Ganze nach Themen. Dann stand die Frage im Raum, ob bei der Fülle der bereits erschienenen Bildbände über die Alb und die Region der spezielle über Otto Holder überhaupt Beachtung finden würde. „Nach reiflicher Überlegung änderten wir unsere Konzeption total: Wir fokussierten uns auf die Restaurierung der Sulzburg – im Verbund mit den Tafeln sozusagen als Alleinstellungsmerkmal“, erinnert sich Wolfgang Randecker.
Ergänzt werden diese Bildtafeln durch eine Auswahl an Gedichten von Otto Holder, aus seiner Feder stammende Artikel im Teckboten und Briefwechsel. Beispielsweise ist das Schreiben von Dr. Ernst Schaude, Landrat des damals noch existierenden Landkreises Nürtingen, abgedruckt. Der Kreis war Eigentümer des geschichtsträchtigen Orts, nach dessen Auflösung ging der Besitz auf den Landkreis Esslingen über.
Das Buch dokumentiert den erschreckenden Zustand der Ruine Mitte der 1960er-Jahre. Die meisten Mauern waren eingestürzt und ein riesiger Schutthaufen „zierte“ die ehemalige Vorburg. Auch einen Artilleriebeschuss in den letzten Kriegstagen musste das Bauwerk überstehen. Die Tafeln zeigen aber auch, wie die Menschen zupackten, um das Kleinod vor dem endgültigen Verfall zu retten. Zunächst mussten die Mauerreste freigelegt werden, was recht arbeitsintensiv war. „Otto Holder hat unermüdlich für das Vorhaben getrommelt und Helfer aus allen Schichten der Bevölkerung aktiviert – er war es, der diese Gemeinschaftsleistung zustande gebracht hat“, erzählt Wolfgang Randecker. Feuerwehr, Albvereinsmitglieder aus der gesamten Region rund um die Teck, Schüler, Gemeinderäte und viele andere Freiwillige schufteten rund um die Ruine, gruben Baumstümpfe aus, karrten schubkarrenweise Dreck weg – und gönnten sich das eine oder andere zünftige Vesper. So kam beispielsweise auch einmal das Küchenteam des Kreiskrankenhauses Kirchheim vorbei mit einem schmackhaften Gruß von Landrat Schaude.
Nach über eineinhalbjähriger Bauzeit waren die Arbeiten abgeschlossen. Die Einweihung des geretteten Gemäuers feierten die Unterlenninger mit einem „schlichten Festakt auf der Burgruine und anschließendem gemeinsamen Mittagessen in der Turnhalle“, vermerkte Otto Holder.
Während Wolfgang Randecker mit dem Buch dem Menschen Otto Holder Anerkennung verschaffen will, ging Helmut Köble aus lokalpatriotischen Gründen ans Werk. „Unterlenningen hat nichts vorzuweisen. Von der Hopfenburg und dem Klösterle ist nichts mehr übrig geblieben“, bedauert er. Deshalb sollten das Kleinod Sulzburg und der Querdenker Otto Holder in einem Bildband gebührend gewürdigt werden.
Um das Projekt finanzieren zu können, waren die „Macher“ auf Spenden angewiesen. Für einen stattlichen Grundstock sorgte die Erbengemeinschaft Holder, das Papier steuerte die Papierfabrik Scheufelen bei.
Das Buch wird am morgigen Freitag um 19 Uhr im Raubersaal in der Sulzburghalle in Unterlenningen vorgestellt. Es gibt einige Reden, unter anderem wird Kreisarchivar Manfred Waßner sprechen. Für musikalische Umrahmung sorgen das Bläserquartett des Musikvereins Unterlenningen und „Li-Chör-Le“ vom Liederkranz Unterlenningen. An diesem Abend können Interessierte das Buch kaufen – es kostet 20 Euro. Außerdem liegen Exemplare auch im Laden des Sulzburghofs in Unterlenningen und in der Buchhandlung Schöllkopf in Kirchheim aus, und auch die Initiatoren Wolfgang Randecker, Helmut Köble und Wolfgang Guse halten Ausgaben bereit.