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8,8 Milliarden für die Reichen

Zur Berichterstattung über den Solidaritätszuschlag

90 Prozent derjenigen, die jetzt den Solidaritätszuschlag zahlen, sollen ab 2021 jährlich ein Steuergeschenk von zehn Milliarden erhalten. Das klingt so, als wenn die Masse der Bevölkerung bedient werden soll. Aber ist das so?

Tatsächlich bezahlen laut Bundesfinanzministerium nur 52 Prozent der Bevölkerung den Soli. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) weist nach, dass die unteren 70 Prozent nicht einmal zwölf Prozent zum Aufkommen aus dem Soli beitragen. Das heißt, dass diese zwei Drittel auch nur 1,2 Milliarden Euro Steuern einsparen werden.

Die untere Hälfte der Bevölkerung erhält so gut wie nichts und muss sich mit 0,17 Milliarden zufrieden geben. Das oberste Drittel dagegen kassiert 8,8 Milliarden, also 88 Prozent des Steuergeschenks. Die Überschrift sollte deshalb eigentlich lauten: Jährlich 8,8 Milliarden für die Reichen. Es ist grotesk, dass diese Aktion von der Bundesregierung auch noch als sozial ausgewogen verkauft wird.

Der Soli gehört zu den wenigen Steuern, die fast ausschließlich von Wohlhabenden gezahlt werden. Ausgerechnet diese Steuer soll abgebaut werden. Wer aber auf öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser, Nahverkehr und Sozialleistungen angewiesen ist, dem werden wichtige Leistungen vorenthalten. Während hier das Geld für Schulen und öffentlichen Nahverkehr fehlt, werden hier die bedient, die sowieso genug haben. In nächster Zukunft sind gigantische Aufgaben wie der Klimawandel und die Digitalisierung zu finanzieren. Da ist aus meiner Sicht kein Spielraum für Steuergeschenke an Spitzenverdiener und Superreiche.

Sinnvoller wäre es beispielsweise, versicherungsfremde Leistungen der Sozialversicherungen wie die Mitversicherung von Familienangehörigen aus Steuermitteln zu finanzieren, statt den Soli abzuschaffen. Die Versicherungsbeiträge könnten dann um bis zu 4,7 Prozentpunkte fallen.

Anders als die Abschaffung des Soli käme das dann wirklich vor allem den unteren und mittleren Einkommen zugute.

Heinrich Brinker, Kirchheim