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A8: Fuß vom Gas für weniger Lärm?

Verkehr Die Bürgermeister aus Wendlingen, Köngen und Kirchheim sowie der BUND sprechen sich für ein nächtliches Tempolimit auf dem hiesigen Abschnitt der Autobahn aus. Von Sylvia Gierlichs

An der Geschwindigkeit auf der Autobahn, wie hier an der Ausfahrt Wendlingen, scheiden sich die Geister. Dabei fühlen sich nicht
An der Geschwindigkeit auf der Autobahn, wie hier an der Ausfahrt Wendlingen, scheiden sich die Geister. Dabei fühlen sich nicht nur Menschen, die direkt an der Trasse wohnen, vom Lärm gestört. Auch in weiter entfernten Bezirken wird das Verkehrsrauschen beklagt. Deshalb macht sich der BUND für ein Tempolimit stark. Foto: Jürgen Holzwarth

Lärm kann auf Dauer krank machen. Deswegen soll mit Lärmaktionsplanungen in den Kommunen den Lärmquellen auf den Grund gegangen werden. Gleichzeitig arbeiten Städte und Gemeinden Maßnahmen aus, die den Lärm reduzieren. Das gelingt innerorts mehr oder weniger gut. Bei Autobahnen oder Bahnschienen ist das schon ein schwierigeres Unterfangen. So auch bei der A 8, deren Lärm der BUND im Vorfeld des Kirchheimer Lärmaktionsplanes gerne schwerpunktmäßig auf den Zahn fühlen würde. „Ich unterstütze den Vorstoß des BUND für eine mögliche Temporeduzierung auf der A 8. Wir waren dazu bereits im Gespräch. Für Kirchheim streben wir an, gemeinsam mit den angrenzenden Gemeinden wie Holzmaden und Dettingen Gespräche zu führen und die Voraussetzungen für ein Tempolimit zu prüfen“, sagt Kirchheims Oberbürgermeis­ter Dr. Pascal Bader.

Auch in Wendlingen und Köngen wird der Geräuschpegel schon lange als belastend empfunden. „Ich halte die Forderung des BUND für berechtigt“, sagt Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel. Eine Untersuchung im Zuge der zweiten Stufe des Wendlinger Lärmaktionsplans habe 2020 ergeben, dass die Stadt durch eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf 100 Stundenkilometer tagsüber und 80 Stundenkilometer nachts zu einer Entlas­tung von 27 Anwohnern tagsüber und 88 Anwohnern nachts kommt. Die Lärmwerte könnten so unter die Auslöseschwelle von 60 Dezibel tagsüber und 55 Dezibel nachts kommen. „Und damit könnte für die Menschen, die in Wendlingen nahe der Autobahn leben, die Lärmbelästigung erheblich gemindert werden“, sagt Weigel.

Die Temporeduzierung für die A 8 habe bei der Lärmaktionsplanung in Wendlingen oberste Priorität erhalten und sei deshalb beim Regierungspräsidium Stuttgart beantragt worden. „Leider wurde sie unter Hinweis auf eine nicht gegebene Verkehrsgefährdung abgelehnt“, sagt Weigel und ergänzt: „Die Betonplatten zwischen Rübholz und Ausfahrt Wendlingen sind bisher auch noch nicht ausgetauscht worden. Dies würde eine signifikante Reduzierung der Lärm­entwicklung bedeuten.“ Er hofft auf ein allgemeines Tempolimit.

In Köngen hat der Kampf gegen den Autobahn-Lärm eine lange Geschichte - mit zwei Bürgerinitiativen, die sich nicht auf eine Vorgehensweise einigen konnten. Mit einer Kombination von Lärmschutzwall und -wand wollte die Gemeinde schließlich dem Lärm den Garaus machen. Doch zu früh gefreut: Das Regierungspräsidium reklamierte das Grünland als Freihaltetrasse für die Erweiterung der A 8 für sich.

Köngens Bürgermeister Otto Ruppaner macht das Bundesverkehrsministerium immer wieder auf die Situation vor Ort aufmerksam. Das führte im Jahr 2019 zu einer Sanierung der A 8 zwischen der Anschlussstelle Wendlingen und der Raststätte Denkendorf in Fahrtrichtung Stuttgart. Seit Anfang dieses Jahres ist die bundeseigene Autobahn GmbH am Start. Sie will voraussichtlich ab 2022 auch Richtung München sanieren. „Nach unserer Kenntnis gibt es jedoch noch keine vertiefenden Planungen“, sagt Ruppaner, der bei den Verantwortlichen nochmal nachgehakt hat.

Die BUND-Gruppe hält indes die der Lärmkartierung zugrunde liegenden Rechenmodelle für nicht geeignet, um die tatsächlichen Belastungen zu erfassen. Vielmehr sollte der reale Lärm in Kirchheim bei unterschiedlichen Wetterlagen flächendeckend durch Messungen ermittelt werden. Zur Berechnung der Lärmwerte für die Autobahn werde eine Höchstgeschwindigkeit von 130 zugrunde gelegt, was vor allem nachts deutlich überschritten werde, wie eine Statistik des baden-württembergischen Innenministeriums belege. Private Messungen im Sommer 2020 hätten gezeigt, dass die Werte etwa an 14 von 21 Tagen abends und nachts höher lagen als tagsüber. Da der Verkehrsfluss nachts zudem unregelmäßig sei, würden die Betroffenen öfter aufwachen, was schädlich für die Gesundheit sein kann.