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Aberglaube ist salonfähig

Zum Artikel „Scherben bringen dem Neubau Glück“ vom 28. April

Der Teckbote berichtete über das Richtfest am Bau für die neue Asylunterkunft in Notzingen. Der Bericht über dieses erfreuliche Ereignis wurde überschrieben mit: „Scherben bringen dem Neubau Glück“.

Meine Erfahrung ist, dass Scherben Verletzungsgefahr bringen und außerdem dabei etwas zu Bruch ging.

Ist es nicht merkwürdig, dass in einer ach so rational denkenden Gesellschaft auf solche abergläubischen Praktiken niemand verzichten will? Fast täglich begegnet uns Aberglaube. Beispielsweise in der gedankenlosen Beschwörungsformel „toi, toi, toi“ nach einer „Mir-geht-es-gut-Bemerkung“ oder bei dem Wunsch „Hals und Beinbruch“ vor einer schwierigen Aufgabe. Dabei wird wohl davon ausgegangen, dass die Schicksalsmächte Wünsche mit Vorliebe ins Gegenteil verkehren. Und wer will schon im Flugzeug auf Platz Nummer 13 sitzen? Die Beispiele ließen sich fortsetzen.

Aberglaube ist salonfähig in einer aufgeklärten, mitunter horoskopgläubigen Gesellschaft.

Nun baut Notzingen diese Asylunterkunft auch für Menschen, die aus ihrem Heimatland geflohen sind, weil sie wegen ihres christlichen Glaubens um ihr Leben fürchten mussten. Sie fliehen in ein christliches Land, in dem man „den Teufel nicht an die Wand malen will“ und sich schwertut, den allein selig machenden Glauben an Jesus Christus zu bekennen. Verkehrte (christliche) Welt.

Jürgen Rieker, Notzingen