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Als erstes nicht schaden

Zur Corona-Impfung

Am 1. Juli schrieb der Chef der Kassenärzte Dr. Gassen: „Ich halte die Debatte derzeit für in Teilen fast schon hysterisch. Es ist unverantwortlich, immer wieder mit Endzeitszenarien zu operieren.“ Das sehe ich auch so.

Durch genau diese Berichterstattung nämlich gab es erst die Bereitschaft in großen Teilen der Bevölkerung, sich impfen lassen. Mit einem Impfstoff, dessen Zulassung an dem Wörtchen „Pandemie“ hängt - denn ohne eine weiterhin gesetzlich verfügte Pandemie hätte er umgehend keine Zulassung mehr. Die erteilte Zulassung ist nämlich eine „bedingte Marktzulassung“, weil die Impfung in der „Krisensituation gegen eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden soll“.

Da agiert die Politik auf dem Verordnungswege recht stark in eigentlich ärztliche Aufgaben. Die Jüngeren und die Menschen mittleren Alters haben nach meiner Beobachtung nicht unbedingt das Vertrauen in die Impfung selbst, sondern wollen „Erleichterungen“ beim Reisen und das „Nicht-mehr-testen-müssen“.

Ich selbast bin inzwischen weit weg von dem Enthusiasmus, mit dem ich nach Ostern das Impfen begann. Aber ein Impfgegner bin ich auch nicht - nein, ich bin nur nachdenklich. Ich kann keine Aufklärung mehr für eine Impfung machen, bei der der Patient bemerken kann, dass ich diesbezüglich verunsichert bin. Deshalb hat meine Praxis die Impfwarteliste zum 1. Juli geschlossen, und wir impfen jetzt nur noch die Menschen, die sich bis zu diesem Zeitpunkt eingetragen oder die erste Impfung bereits bekommen haben. „Primum non nocere“ („Als erstes nicht schaden“) hat immer eine der ganz wichtigen ärztlichen Prämissen zu sein - und wenn das nicht mehr zu 100 Prozent überschaubar ist, dann wird es echt schwierig.

Dr. Klaus-Peter Herzberg, Kirchheim