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Am Bauhof wird synchron geschliffen

Ferienprogramm Wenn das nicht nachhaltig ist: Beim Obst- und Gartenbauverein Weilheim bauen sich Kinder ihr eigenes Gartenbänkle aus Holz. Von Sabine Ackermann

Die kleinen Handwerker sind im städtischen Bauhof eifrig am Werk.Fotos: Sabine Ackermann
Die kleinen Handwerker sind im städtischen Bauhof eifrig am Werk.Fotos: Sabine Ackermann

Rauf und runter gleiten die Handschleifklötze über das Holz. Und wenn niemand redet, hört man in der leeren Fahrzeughalle des städtischen Bauhofs Weilheim ganz leise ein „schschschschsch“, das pure Schleifgeräusch via Muskelkraft. Nach vorheriger „Schulung“ entwickeln Amia, Helena, Johanna, Jonathan, Jule, Lara, Lily, Lina, Luca, Moritz, Nico und Patrick schnell ihre eigenen Techniken, schleifen in ihrem Rhythmus. Immerzu geradeaus, vor und zurück, am besten längs der Maserung. Mal schnell mit Schmackes, mal langsam, weil die Arme schwer werden - schleifen ohne elektrischen Schub ist anstrengend.

Was die Beteiligung am Sommerferienprogramm für Kinder angeht, da ist das Team des Obst- und Gartenbauvereins Weilheim seit Jahren buchstäblich eine sichere Bank. Diesmal geht es um letztere Sitzgelegenheit im Do-it-yourself-Verfahren. „Die Programmpunkte wechseln sich ab, im vergangenen Jahr waren wir beispielsweise mit den Kindern auf dem Minigolfplatz in Nabern“, verrät Landwirt Bernd Bauer. Er ist Vereinsmitglied. Insgesamt sind sie zu sechst, er hilft wie die meisten seiner Kollegen schon seit Langem mit.

Nicht selbstverständlich ist die Nutzung des städtischen Bauhofs. Diese Einrichtung stellt neben den Räumen auch Gerätschaften und Mitarbeiter zur Verfügung. So wird in der angrenzenden Schreinerei gerade gebohrt und gesägt. Bauhof-Mitarbeiter Victor Tuscher, die „gute Seele“, hat an einem Regentag die Vorarbeit für über zehn Bänke geleistet. Die Baumstämme der Pappeln längs durchgesägt, die jeweils zwei dazugehörigen Füße auf gleiche Höhe gebracht und jede der Sitzflächen begradigt.

„Im Bauhof muss man alles können, von der Pflege der städtischen Außenanlagen bis zum Winterdienst“, erzählt er und lässt die Kinder selbst ran, wenn sie es sich zutrauen. „Ich hab‘ Muskelkater vom Hämmern, das war anstrengend, aber macht Spaß“, berichtet Moritz, bei dem nahezu jeder Schlag ein Treffer war. Unter der Aufsicht von Victor Tuscher oder einem Vereinsmitglied dürfen die Kinder die Sitzfläche an die Füße nageln. Fast noch spannender ist, wenn sie zusammen mit einem Erwachsenen den Griff der Bohrmaschine halten, um als Zweierteam die Löcher für die langen und kompakten Nägel vorzubohren. „Meine neue Bank kommt vielleicht ins Gartenhaus“, erzählt die neunjährige Lara, die mit ihrer zwei Jahre jüngere Schwester Lily hier ist. Beide tragen schicke Häkelmützen bei der „Arbeit“.

Aus Jonathan wird Joni. Der Namenswunsch des Elfjährigen geht direkt an Bernd Bauer, heute der „Mann fürs Feine“. Mit Bleistift schreibt er in Großbuchstaben die Namen der Kinder auf die Sitzflächen, die umsägt und schwarz eingelassen werden. „So, jetzt kann nichts mehr passieren, das Scharfkantige ist weg“, sagt Wolfgang Bertsch, der jede Sitzbank kontrolliert und gegebenenfalls nochmal nachschleift. Selbst mit 76 Jahren lässt er es sich nicht nehmen, beim Kinderprogramm dabei zu sein. „Wir machen das jedes Jahr mit Freude“, bestätigt Karin Vatter, die ebenfalls zum Verein gehört, und verrät: „Es haben sich mehr Kinder angemeldet, als wir unterbringen können, 31 Mädchen und Jungen stehen auf der Warteliste.“

Von solch einem Andrang im Verein kann Horst Lauster nur träumen. Trotz der 236 Mitglieder im Obst- und Gartenbauverein, von denen der Großteil bereits im Rentenalter ist, könnte der Traditionsverein „dringend Nachwuchs vertragen“.