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Angeklagter erklärt Messerstich mit wachsender Wut

Prozess 19-Jähriger bezeichnet die Tat in Nürtingen vor dem Landgericht als dumm und gefährlich.

Stuttgart/Nürtingen. Paukenschlag im Prozess um die Messerattacke vom vergangenen Sommer in Nürtingen: Vor dem Stuttgarter Landgericht hat ein 19-Jähriger eingeräumt, zugestochen zu haben. Er war durch die bisherigen Aussagen und die Beweisaufnahme schon bisher am stärksten belastet. Insgesamt sitzen fünf Jugendliche und junge Männer auf der Anklagebank.

Den fünf Angeklagten mit Migrationshintergrund wird versuchter Mord beziehungsweise Beihilfe vorgeworfen. Sie sind zwischen 15 und 19 Jahre alt. Der Älteste und ein 17-Jähriger, der die Tatwaffe aushändigte, befinden sich seit ihrer Festnahme bald nach der Tat in Untersuchungshaft. Bei der Tat an der Ecke Kührain/Steinengrabenstraße wurde ein 27-jähriger Nürtinger durch einen Stich in den unteren Rücken schwer verletzt, er musste notoperiert werden. Außerdem sei er durch Tritte und Schläge erheblich verletzt worden, so die Anklage.

Bis auf einen machten die Angeklagten am ersten Verhandlungstag vergangene Woche keine Aussagen zum Hergang. Er sagte aus, der 19-Jährige habe den Messerstich eingeräumt, als man sich kurz darauf nochmals getroffen hatte. Zuvor hatte die Vorsitzende Richterin Cornelie Graf-Eßlinger den Angeklagten ähnlich lautende Aussagen vorgehalten, die sie bei ihrer polizeilichen Vernehmung gemacht hatten. Am zweiten Verhandlungstag sagte schließlich der 17-jährige Inhaftierte, er habe gesehen, wie der 19-Jährige zustach.

Am dritten Verhandlungstag kündigte der Anwalt des 19-Jährigen nun eine schriftlich abgefasste Aussage seines Mandanten an. Zuvor jedoch wollte die Richterin mehrere geladene Zeugen hören. Dazu zählt die 37-Jährige, die das hilfesuchende Opfer zu sich in den Wagen ließ und den Mann in die Klinik brachte. Er habe die Autotüre aufgerissen und gesagt, es gehe um Leben und Tod. Außerdem wurde die damalige Freundin des Opfers befragt. Er habe ihr gegenüber von zwei bis drei Angreifern gesprochen. Drei behandelnde Ärzte sagten aus, neben der Versorgung der Wunde hätten auch Vitalfunktionen des Verletzten stabilisiert werden müssen. Festgestellt wurden auch ein Nasenbeinbruch und eine durch das Messer beschädigte Rippe.

Der Anwalt des 19-Jährigen verlas dessen schriftliche Einlassung. Er habe den 27-Jährigen im Zug getroffen und sich durch die Aufschrift „Nürtinger Hurensöhne“ auf dessen T-Shirt provoziert gefühlt. Das Opfer selbst erklärte das mit einer Zeile aus einem Lied seiner früheren Band. Als Nürtinger habe er sich beleidigt gefühlt, so der Angeklagte. Er habe Freunde informiert, man wollte dem 27-Jährigen das T-Shirt abnehmen und einen der Freunde nach seinem Messer gefragt. Wenn er gesagt habe, das Opfer abstechen zu wollen, habe er damit zustechen gemeint, nicht töten. Er habe ihn zunächst mit dem Messer bedrohen wollen. Ob er ihn zuerst getreten oder gleich zugestochen habe, könne er nicht sagen. Sein Handeln erklärte er mit einer steigenden Wut darüber, dass sich an einem Einkaufsmarkt und auf dem Weg durch die Stadt, als man dem 27-Jährigen folgte, keine Gelegenheit ergeben habe, ihm das T-Shirt abzunehmen. Die Tat sei „dumm“ und „gefährlich“ und er meinte, „das hätte niemals passieren dürfen“.Uwe Gottwald