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Arme Schweine

Zum Artikel „Dann ist Krieg in den Wäldern“ vom 2. Januar

Zu allen Übeln, die Wildschweine über uns bringen, kommt jetzt auch noch die afrikanische Schweinepest hinzu, die zwar für Menschen ungefährlich ist, Schweinemästern jedoch kräftig die Geschäfte zu versauen droht. Und so blasen landauf, landab Politiker, Bauern- und Jagdvertreter zur vernichtenden Hatz auf ganze Wildschweinpopulationen. Dass bei einem solch fürchterlichen Gegner elementare tierschutzrelevante Vorschriften kurzerhand außer Kraft gesetzt werden, wie es derzeit per Erlass in Baden-Württemberg geschieht - geschenkt!

Doch halt, eine Tötungsaktion ähnlichen Ausmaßes endete schon einmal mit einem krachenden Misserfolg: Um die Tollwut auszurotten, ging man in den 70er-Jahren blindwütig mit Giftgas, Fallen und Gewehren auf Füchse los. Das Resultat: Die Zahl der Tiere blieb hoch, die Seuche grassierte weiter. Erst Impfköder brachten den gewünschten Erfolg.

Abgesehen davon, dass derartige Massaker kaum erfolgsversprechend und ethisch höchst fragwürdig sind, treffen sie in diesem Fall auch noch die Falschen: Laut Friedrich-Loeffler-Institut wird der Erreger nämlich nicht durch wandernde Wildschweine verbreitet und in die „Ferkelfabriken“ eingeschleppt, sondern durch Menschen. „Die afrikanische Schweinepest stellt primär kein Problem des Schwarzwildes oder der Jäger dar, zu dem es Medien und Interessenverbände gerne machen. Sie ist ein Problem der Agrarindustrie und der damit einhergehenden Massentierhaltung sowie europaweiter Tiertransporte“, bestätigt Sven Herzog, Wildtierökologe der Uni Dresden.

Trotz skandalöser Tierschutzverstöße, Umweltzerstörung und Seuchengefahr ist indes kein Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft in Sicht. Wieso auch, es gibt ja genug Sündenböcke, um das eigene Versagen zu entschuldigen - arme Schweine.

Marie-Luise Strewe, Lenningen