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Auf den Fildern eskaliert die Stimmung

Rathausstreit Neuhausens Bürgermeis- ter Ingo Hacker zeigt sechs Gemeinderäte wegen angeblicher Verstöße gegen die Coronaverordnung an. Von Elisabeth Maier

Die Atmosphäre in Neuhausen zwischen Bürgermeister Ingo Hacker und den Gemeinderäten bleibt angespannt. Foto: Roberto Bulgrin
Die Atmosphäre in Neuhausen zwischen Bürgermeister Ingo Hacker und den Gemeinderäten bleibt angespannt. Foto: Roberto Bulgrin

Unter Punkt „Verschiedenes“ ergriff Gemeinderat Harald Wittmann (SPD) das Wort. Der ehemalige Präsident der Neuhausener Narren stellte in der jüngsten Sitzung in der Egelseehalle eine Frage, die nicht nur in der Fildergemeinde viele umtreibt: „Was ist los in Neuhausen?“ Dann verlas er im Namen von sechs Gemeinderäten eine Erklärung an die Bürgerschaft. Mit Blick auf das seit Langem extrem angespannte Verhältnis zum Bürgermeister Ingo Hacker fand Wittmann klare Worte: „Seit einem Jahr befinden wir uns aber nun in einem Zustand, der es uns kaum noch ermöglicht, unseren Aufgaben als Vertreter der Neuhäuser Bürgerschaft gerecht zu werden.“ Gerade vor dem Hintergrund der Mediation zwischen dem Bürgermeister und dem Gemeinderat seien die Kommunalpolitiker „sprach- und fassungslos“.

Den Hintergrund erläuterte Wittmann: Bürgermeister Ingo Hacker hatte beim Landratsamt Esslingen Anzeige gegen die sechs Gemeinderäte Jens Jenuwein, der im Hauptberuf Staatsanwalt ist, und Ulrich Krieger (Freie Wähler), Gabriele Probst und Tanja Verch (IGL) sowie Roman Krieger und Harald Wittmann (SPD) erstattet. Da ging es um „angebliche Corona-Verstöße“. Wittmann, der Sprecher der angezeigten Gemeinderäte, stellte klar, dass die Bußgeldverfahren beim Landratsamt nach einer schriftlichen Anhörung und einer entsprechenden Prüfung inzwischen eingestellt worden seien: „Das Landratsamt hat damit Herrn Bürgermeister Ingo Hacker nicht zum ersten Mal eine Ohrfeige erteilt. Eine Ohrfeige, deren Klatschen vom Neckartal bis auf die gesamte Filderebene hinauf deutlich hörbar war.“

Bußgeldverfahren eingestellt

Dass die sechs Gemeinderäte voll hinter der Coronaverordnung und den damit verbundenen Abstands- und Hygieneregeln stehen, stellte Wittmann klar. Man habe sich nach bestem Wissen und Gewissen an die Vorschriften gehalten. Die Anzeigen gehen nach Wittmanns Worten auf Treffen der Gemeinderäte nach Sitzungen zurück. Um wichtige Punkte auch zwischen den Fraktionen abzuklären, habe man sich bemüht, der Verantwortung als Gemeinderäte gerecht zu werden.

Dass ihr Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger in die Anzeigen mündete, erschüttert die Kommunalpolitiker gerade angesichts der Mediation. Zwar gaben sie aus diesem nichtöffentlichen Verfahren keine vertraulichen Informationen preis, doch verwiesen sie auf die Vereinbarung, künftig „ein respektvolles, wertschätzendes und sachliches Miteinander auf Augenhöhe anzustreben“. Diese Vereinbarung habe man am 19. Januar dieses Jahres getroffen. Wenige Tage später gingen beim Landratsamt die Anzeigen ein. Das Verhalten des Bürgermeisters verurteilen die Kommunalpolitiker politisch aufs Schärfste. Es sei „an Schäbigkeit kaum zu überbieten“. Dennoch stehen die Gemeinderäte zu dem Mandat, das ihnen die Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl übertragen haben: „Wir werden, gerade in diesen schwierigen Zeiten, die Zukunft unseres schönen Heimatortes nicht einem völlig aus der Spur geratenen Bürgermeister überlassen.“

Denn der Gemeinderat wie auch der Bürgermeister müssten sich nun gemeinsam um wichtige Themen wie die extrem angespannte Haushaltslage und die vielen Infrastrukturprojekte - wie auch die Gestaltung des S-Bahnhofsgeländes oder den Neubau der Anton-Walter-Grundschule - kümmern. Die Kommunalpolitiker fordern Hacker auf, „den Kleinkrieg zu beenden“. Nach der Sommerpause soll er sich erklären, wie er sich auf dieser Basis die weitere Zusammenarbeit vorstellt. Das sei er den Bürgerinnen und Bürgern schuldig.

Einen Kommentar blieb Bürgermeister Hacker den Kommunalpolitikern wie auch den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern in der Sitzung schuldig. Er bat darum, die Erklärung schriftlich zu bekommen, um sich dann weiter damit beschäftigen zu können.