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Bürger hungert es nach Antworten

Beteiligung Knapp 50 Interessierte haben die Einladung zur Begehung am Dettinger Hungerberg wahrgenommen und Fragen gestellt. Viele davon sind vorerst offengeblieben. Von Thomas Krytzner

Am 26. September entscheiden die Dettinger Bürger über das Schicksal des geplanten Gewerbegebiets Hungerberg: Sie stimmen darüber ab, ob die 21 Hektar große Fläche bebaut wird oder nicht. Nun ging der Kampf um die Stimmen mit einer Bürgerbegehung in die erste Runde. Sie ist der Auftakt einer Reihe offener Informations- und Beteiligungsangebote, die von der Gemeinde für alle Bürger angeboten werden.

Rund 50 Interessierte folgten der Einladung und begaben sich rund um das viel diskutierte Gebiet auf Entdeckungstour. An vier Stationen der Projektbeteiligten und am Stand der Bürgerinitiative konnten sie Fragen stellen, die ihnen schon lange auf der Zunge brannten, oder mit Experten ins Gespräch kommen.

Wie groß die Sorgen bei skeptischen Bürgern sind, war schon in den ersten Minuten nach Veranstaltungsbeginn spürbar: Viele Teilnehmer beschäftigt - im Hinblick auf die Unwetter in der Region von vor drei Wochen und die jüngste Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen - die Sicherheit auf dem Hungerberg. Sie wollten von den Experten wissen, ob und wann Regenrückhaltebecken errichtet werden.

Die Verunsicherung der Bürger zeigte sich auch in Fragen nach den Chancen und Risiken, wenn der Hungerberg zu einem Vorhaltestandort für die Industrie wird oder was passiert, wenn sich Gewerbe und Industrie nicht für den auserkorenen Standort interessieren. Für viel Diskussionsstoff zwischen Interessierten und Experten sorgte die Frage nach den Verkehrsströmen. Zahlreiche Bürger befürchten eine deutlich höhere Lärmbelastung während und nach den Baumaßnahmen.

Selbst der Name des umstrittenen Gebiets sorgte für Meinungsverschiedenheiten. Als ein Teilnehmer wissen wollte, warum man auf landwirtschaftlich gut genutzte Fläche verzichten wolle, behauptete eine Bürgerin, dass der Name Hungerberg nicht von ungefähr komme und dass der Boden für Ackerbau ungeeignet sei.

Die Teilnehmer verlangten auch klare Antworten, ob mit dem geplanten neuen Gewerbegebiet Arbeitsplätze generiert würden. Sehr oft kam die Frage nach alternativen oder kleineren Standorten, die man für die Industrie vorhalten könnte. Andere wiederum hakten nach, warum nicht neben dem bereits bestehenden Gewerbegebiet weiter erschlossen wird.

Die Mediatoren der letztlich doch zugelassenen Begleitgruppe moderierten die Gespräche und sammelten die Fragen der Begehungsteilnehmer an Pinnwänden. Da die Experten an den fünf Stationen viele Antworten schuldig blieben, kommen die gestellten Fragen an der morgigen Podiumsdiskussion erneut zur Sprache. Die Bürger begrüßten die von der Gemeinde initiierte Begehung, merkten aber vereinzelt an: „Darauf hätte man schon früher kommen können.“

Neben den projektbeteiligten Kommunen Dettingen, Kirchheim und Notzingen, vertreten durch Bürgermeister Rainer Haußmann, Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader und Bürgermeister Sven Haumacher, nahm auch der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, Dr. Walter Rogg, an der Bürgerbegehung teil. Anlässe dieser Art gehören nicht zum täglichen Brot des Wirtschaftsförderers. „Begehungen gibt es nur alle paar Jahre“, bestätigt Walter Rogg. Er lobte unter anderem die Bereitschaft zum Zuhören: „Die Diskussionen an den Stationen waren sachlich und angenehm.“ Er verstehe zwar, dass viele Bürger den Hungerberg als Naherholungsgebiet erhalten wollen, es stelle sich aber die Frage, wo mittelfristig neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Walter Rogg sieht den Hungerberg aber nicht als ewigen Streitpunkt und betont: „Ich vermute nicht, dass sich Dettingen deswegen spaltet. Spätestens nach der Abstimmung im Herbst werden sich alle wieder zusammenraufen.“