Unzugeordnete Artikel

Chikagos in der Thomaskirche

Zu den Artikeln „Und die Kirche war wüst und leer“ vom 24.  November und „Jetzt kommt der Abschnitt Ruhestand“ vom 22.  Dezember

Die Artikel hatten unter anderem eine unkonventionelle Jugendarbeit an der Thomaskirche zum Inhalt. Sie erscheinen ergänzungsbedürftig: Zu Beginn der 70er-Jahre terrorisierte eine Mopedgang, die sich „Die Chikagos“ nannten, die Anwohner der Freiwaldaustraße mit endlosen Runden mit Vollgas, mit und ohne Leerlauf, bevorzugt in den Abend- und Nachtstunden. Die Geduld der damaligen Pfarrersfamilie wurde manchmal auch über die Grenzen des möglichen strapaziert. Treffpunkt war dann der Rambouilletplatz zu lautem „Gespräch“, reichlichem Biertrinken mit Kühlung im Brunnen und lauschigem Tête-à-Tête unter unserem Schlafzimmer, Eingang Drogerie Nummer 61. Ein Versuch meinerseits, Ruhe zu schaffen, schlug fehl mit der Entgegnung: Wo sollen wir denn hin, uns will doch niemand!

So begann oben genannte Jugendarbeit im Keller der Drogerie, auf Anfrage beim damaligen Pfarrer Steinhilper und Kirchengemeinderat erfolgte der Umzug in den „Keller“ mit Lautsprecher, Rauschgiftverbot mit Drohung sofortiger Schließung und „Aufsicht“ durch je zwei Erwachsene aus dem Umfeld der Gemeinde und meinem Bekanntenkreis. Es passierten wilde Sachen, auch Lebensberatung und weniger Rühmliches, aber immer zum Besten der Chikagos.

Nach dem Pfarrerwechsel wurden wir dem damaligen Dekan ein Dorn im Auge, der „Keller“ wurde geschlossen. Terror und auch Drogenhandel mit GIs aus Göppingen kamen dazu, eingeschossene Fensterscheiben und ein Unfalltoter bei den Chikagos ließen die Stimmung derart eskalieren, dass meine Familie und ich aus dem eigenen Haus „flüchteten“ und in Miete zogen.

Das ist in kurzen Sätzen Anfang und Ende der sogenannten offenen Jugendarbeit Freiwaldaustraße, Rambouilletplatz und Thomaskirche, geschrieben von einem, der es gut meinte und Lehrgeld bezahlt hat.

Siegfried Nau, Kirchheim