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Corona ist nicht abgehakt

Pandemie Die Bundestagskandidaten aus dem Wahlkreis Nürtingen blicken zurück auf Einschränkungen und Lockdown. Gleichzeitig schauen sie voraus auf ein normales Leben trotz Corona-Gefahr. Von Andreas Volz

Die leere Innenstadt steht symbolisch für die Pandemie. Archivfoto: Markus Brändli
Die leere Innenstadt steht symbolisch für die Pandemie. Archivfoto: Markus Brändli

Noch ist die Pandemie nicht überwunden. Das betonen alle sechs Kandidaten für den hiesigen Wahlkreis, deren Parteien im aktuellen Bundestag vertreten sind. Unterschiedlicher Meinung sind sie dagegen, wenn es darum geht, wie die Arbeit von Bund und Ländern zu bewerten ist. Vertreter der Opposition bemängeln vor allem die permanente Verlängerung des Gesundheitsnotstands.

„Die schwierigste Phase der Pandemie mit den schlimmsten Auswirkungen haben wir hoffentlich hinter uns“, sagt Michael Hennrich (CDU). „Impfungen bleiben aber der Schlüssel, damit das so bleibt. Ich vermute aber auch, dass uns das Thema ­Corona noch eine Weile beschäftigen wird und wir damit leben müssen.“ Auf jeden Fall aber müsse die Öffentlichkeit mehr über die Beratungsprozesse der Politik erfahren. Jetzt sei es an der Zeit, wieder zusammenzufinden: „Wir können über vieles streiten, aber bei einer Pandemie sollte mehr Rationalität herrschen und weniger Emotion. Das hat die Arbeit oft erschwert.“

Ein Ende der Pandemie kann es für Nils Schmid (SPD) erst dann geben, „wenn sich möglichst viele impfen lassen und auch in Entwicklungs- und Schwellenländern genug Impfstoff zur Verfügung steht“. Trotz mancher Schwachstellen in Vorsorge und Planung habe die Pandemie gezeigt, wie wichtig ein handlungsfähiger und sozialer Staat in Krisen­zeiten ist: „Dafür brauchen wir einen starken, sozialen, steuerfinanzierten Staat.“ Die Pandemie habe viele Einschränkungen mit sich gebracht, aber „der demokratische Prozess und die unabhängige Jus­tiz haben für eine breitere Akzeptanz der Maßnahmen gesorgt“.

Auch für Matthias Gastel (Grüne) ist die Pandemie nicht beendet: „Es braucht noch Vorkehrungen wie die Maskenpflicht und das Abstandsgebot in bestimmten Situationen. Dafür bedarf es aber nicht mehr eines rechtsstaatlich bedenklich gewordenen Pandemie-Sonderrechts.“ Für die Zukunft wünscht er sich „interdisziplinäre Beratungsstäbe“, stellt aber fest: „Alle Maßnahmen waren demokratisch legitimiert. Sie basieren auf Gesetzen, die gewählte Parlamente beraten und beschlossen haben.“ Gesundheitsschutz sei wichtig. „Aber auch soziale und wirtschaftliche Auswirkungen gehören berücksichtigt.“

„Die Herdenimmunität ist noch lange nicht erreicht, und die Impfbereitschaft sinkt“, bedauert Renata Alt (FDP). „Deshalb müssen wir lernen, mit Corona und gleichzeitig in Freiheit zu leben.“ Die Menschen in Deutschland hätten in der Krise gezeigt, „wie verantwortungsbewusst sie sind und wie sehr jegliche Bevormundung fehl am Platze ist“. Der Gesundheitsnotstand entmachte das Parlament zugunsten der Bundesregierung und reduziere die Akzeptanz der Entscheidungen in der Bevölkerung. „Um besser durch die nächste Pandemie zu kommen, müssen wir digitaler, agiler und weniger bürokratisch werden.“

„Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben. Unser Land darf nicht noch einmal durch einen monatelangen Lockdown in die Knie gezwungen werden“, sagt Kerstin Hanske (AfD). Beim Impfen setze sie auf die Eigenverantwortung eines Jeden. „Im Umkehrschluss kann man auch niemand verbieten, seine eigenen Schutzmaßnahmen zu treffen.“ Sie fordert einen Untersuchungsausschuss, um beim nächsten Mal besser gerüstet zu sein. „Zeitgleich sollten auch die Erfahrungen aus anderen Ländern integriert werden, die einen anderen Weg in der Pandemie gegangen sind.“

Für Hüseyin Sahin (Linke) kann die Pandemie nur überwunden werden, wenn überall ähnliche Impfquoten erreicht sind wie in den Industrieländern. Die Einschränkungen in Deutschland hätten Niedrigverdiener und Kleinunternehmen härter getroffen, „während Großkonzerne mit Milliarden stabilisiert wurden“. Die Einschränkungen müssen aus seiner Sicht ständig überprüft, unabhängig bewertet und angepasst werden. „Bei lebenswichtigen Produkten wie Beatmungsgeräten oder FFP2-Masken muss der Staat Unternehmen anweisen können, diese zu produzieren.“