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Corona lässt die Berge wachsen

Abfall Durch die Pandemie fällt deutlich mehr Metallschrott und Sperrmüll an. Kommunen kämpfen verstärkt, aber auch erfolglos gegen Müllsünder. Von Bernd Köble

Sammelcontainer des Landkreises sind für viele ein beliebter Abladeort für alle Arten von Müll.Foto: Jean-Luc Jacques
Sammelcontainer des Landkreises sind für viele ein beliebter Abladeort für alle Arten von Müll.Foto: Jean-Luc Jacques

Corona klaut den gewohnten Alltag und schenkt Zeit. Für Dinge, die sonst liegen bleiben oder nur am Rande erledigt werden: Gartenarbeit, Kochen oder Wohnung entrümpeln. Was nach getaner Arbeit übrig bleibt, wandert bestenfalls in die Tonne. Für immer mehr Menschen sind aber auch illegale Wege eine Option. Davon zeugen wilde Müllkippen an Container-Standorten und in freier Natur. Im selben Maß wie die Abfallmengen wachsen, steigt auch die Summe der Verstöße, die Ordnungsämter verzeichnen. In Kirchheim hat sich die Zahl der Anzeigen wegen illegaler Müllentsorgung im Coronajahr 2020 gegenüber dem Vorjahr glattweg verdoppelt. Die Stadt setzt auf zusätzliches Personal, auf Müllsheriffs und hat seit März die Aktion „Mach mit! Für ein sauberes Kirchheim“ auf Freiwilligenbasis am Laufen. Am Samstag vor einer Woche fischten ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sackweise Müll aus Kirchheimer Bächen.

Eine Situation, die man auch andernorts gut kennt. In Weilheim landeten im vergangenen Jahr zwar nur zehn Prozent mehr Müll in freier Natur, aber auch in Wald und Flur, sagt Helmut Burkhardt, der Leiter des städtischen Ordnungsamtes, findet man alles, was dort nicht hingehört: Vom Kinderwagen über Möbelstücke bis hin zu Autoreifen. Probleme bereiten unter der Limburg vor allem die Containerstandorte des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs, die für viele Sorglose offenbar als Freibrief verstanden werden. Dort heißt es schnell sein. Türmt sich Unrat neben den Containern, wirkt das auf Nachahmer wie ein Magnet.

Den Sündern beizukommen, ist fast unmöglich. „Auf frischer Tat erwischt man so gut wie keinen“, sagt Burkhardt. „Das Ganze nachzuverfolgen, ist schier unmöglich.“ Bleibt nur eines: an die Vernunft der Menschen zu appellieren und selbst anpacken. Im Weilheimer Bauhof kümmert sich ein Mitarbeiter inzwischen ausschließlich um die Beseitigung von Müllsünden.

Wo viel anfällt, muss viel weg - auch dort, wo regulär entsorgt wird. Die Müllzahlen, die der Esslinger Abfallwirtschaftsbetrieb für den Landkreis in jedem Jahr veröffentlicht, kennen in der Summe nur eine Richtung: nach oben. Im privaten Bereich sind Elektro- und Metallschrott im vergangenen Jahr am stärksten gestiegen (13,7 Prozent), gefolgt vom Sperrmüll, der um 10,7 Prozent geklettert ist. Beides wohl eine Folge davon, dass viele Privatkunden die kontaktarme Zeit während der Pandemie genutzt haben, gründlich zu überlegen, was verzichtbar ist.

Mehr Bodenaushub, weniger Altpapier

Mehrere Trends in der Abfallbilanz des Esslinger Abfallwirtschaftsbetriebes (AWB) folgen seit Jahren schon einem festen Muster, auch ohne Corona. Der anhaltende Bauboom sorgt dafür, dass immer mehr Bodenaushub anfällt: im vergangenen Jahr ein Plus von 32,3 Prozent. Gleichzeitig reduzierten sich die Mengen an Bauschutt, die auf Deponien entsorgt werden müssen auf 13 169 Tonnen. Das entspricht einem Rückgang um 32,9 Prozent.

Ein Erfolg, der überwiegend Recycling zu verdanken ist. Das auf Bauschutt-Recycling spezialisierte Kirchheimer Unternehmen Feeß erhielt dafür nach dem Deutschen Umweltpreis im März auch den Umweltpreis des Landes Baden-Württemberg.

Konstant rückläufig sind auch die Zahlen beim Altpapier, was auf die fortschreitende Digitalisierung zurückzuführen ist. Die Mengen dort sanken auch 2020 erneut, diesmal um 3,8 Prozent.bk